„Wo bekommst du denn deine Proteine her?“ – kommt dir diese Frage bekannt vor? Ich denke besonders die Veganer unter uns bekommen diese Frage häufiger zu hören als ihnen lieb ist. Wer Rohköstler UND Veganer ist – tja, da sind doch Hopfen und Malz verloren, oder? Die können doch gar nicht ohne Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel) leben! Oder doch?
Diesem Thema wollen wir heute mal auf den Grund gehen. Muss ich tatsächlich andere Lebewesen oder Produkte von ihnen essen um mich ausreichend mit Eiweißen (Proteinen) zu versorgen?
Was sind Eiweiße (Proteine)?
Eiweiße bzw. Proteine sind lange Molekülketten, die aus Aminosäuren zusammengesetzt und in JEDER Zelle enthalten sind. Ungefähr die Hälfte einer tierischen bzw. menschlichen Zelle besteht aus Protein (Trockengewicht)1.
Kein Leben ohne Proteine
Von etwa 100 bekannten Aminosäuren werden im menschlichen Körper lediglich 20 zum Proteinaufbau verwendet1. Mindestens 9 davon sind essentiell, das heißt der Körper kann diese nicht selbst herstellen und sie müssen über die Nahrung zugeführt werden1.
Manche Aminosäuren können aus anderen hergestellt werden (wie z.B. Tyrosin aus Phenylalanin). Bei raschem Wachstum oder unter bestimmten Bedingungen können jedoch auch diese Aminosäuren essentiell werden, weshalb manche Aminosäuren als „bedingt entbehrlich“ oder „bedingt essentiell“ eingestuft werden. Dann gibt es noch eine dritte Gruppe, die „entbehrlichen“ oder „nicht essentiellen“ Aminosäuren, welche aus leicht zugänglichen Vorstufen vom Körper selbst hergestellt werden können.1
Welche Aufgabe haben Nahrungsproteine?
Von der Geburt bis zu unserem Tod ist der Körper in einem ständigen Auf- und Abbau-Modus. Ununterbrochen werden abgenutzte und verbrauchte Elemente abgebaut, während an einer anderen Stelle Ersatz aufgebaut wird. Eiweiße (Proteine) aus der Nahrung spielen hier eine wichtige Rolle. Die Hauptaufgabe der Nahrungsproteine besteht darin, dem Körper die Bausteine (Aminosäuren) zum Aufbau körpereigener Proteine zu liefern und den Körper mit Stickstoff zu versorgen.
Welche Aufgabe haben Proteine im Körper?
Eiweiß ist der wichtigste Stoff zur Erhaltung unserer Gesundheit. Unsere körpereigene Polizei, die uns so unerbittlich vor Krankheiten schützt und ungebetene Gäste bekämpft, wird unter anderem aus Eiweißen aufgebaut (Immunsystem). Aminosäuren sind außerdem Vorstufen in der Synthese von zahlreichen Stoffwechselprodukten wie z. B. Gallensäuren, Serotonin und Histamin. Proteine geben Halt – sie sind überall zu finden: in Haaren, Fingernägeln, Haut, Muskeln, etc. Weitere Proteine transportieren Sauerstoff aus den Lungen überall dort hin, wo er im Körper benötigt wird – mehr dazu HIER. Im Notfall können Proteine auch zu Glukose abgebaut werden und so als Energiequelle dienen.
Eiweiße (Proteine) sind für uns essentiell (lebenswichtig)! Ohne sie wäre kein Leben möglich!
In welchen Nahrungsmitteln sind Eiweiße (Proteine) enthalten?
Fragt man Passanten auf der Straße wo Eiweiße (Proteine) enthalten sind, kommt als erste Antwort meistens Fleisch.
Schaut man aber mal genauer hin, wird man feststellen, dass Eiweiße (Proteine) in jedem natürlichen Nahrungsmittel enthalten sind! Ich unterstreiche hier „natürlich“, weil kein Leben möglich ist ohne Eiweiße (Proteine). Aber die Industrie kann Produkte herstellen und als Lebensmittel kennzeichnen, die ohne Eiweiße sind, deshalb mein hervorheben des Wortes „natürlich“.
Pflanzen sind natürlich und deshalb voller Proteine! Die Frage ist also nicht: wo sind Eiweiße (Proteine) enthalten, sondern vielmehr: wo sind sie NICHT enthalten?
Klar ist, das der Anteil an Proteinen in Nahrungsmitteln unterschiedlich hoch ist. Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten meist weniger Protein als Lebensmittel tierischen Ursprungs.
Den Proteinbedarf decken
Welchen Beitrag ein Nahrungsmittel zur Proteinversorgung leistet, hängt jedoch nur teilweise von der Proteinmenge ab. Die Verfügbarkeit und die Aminosäurezusammensetzung spielen ebenso eine wichtige Rolle.
Da pflanzliche Zellwände für den Menschen unverdauliche Substanzen wie Ballaststoffe enthalten, sind pflanzliche Proteine in der Regel nicht so gut verdaulich wie tierische. Durch Erhitzen oder Behandlung mit Säure oder Lauge kann der Zugang für die Verdauungsenzyme jedoch erleichtert werden. Die Verdaulichkeit hängt somit mit der Zubereitung zusammen. Hülsenfrüchte beispielsweise werden deutlich besser verdaut, wenn sie vor dem Kochen mehrere Stunden in Wasser eingeweicht wurden (mehr dazu HIER).
In Industrieländern ist die Proteinversorgung sehr gut, weshalb die biologische Wertigkeit eine untergeordnete Rolle spielt (mehr dazu HIER), aber in vielen Entwicklungsländern kann die richtige Kombination an Nahrungsmitteln Leben retten. Mais und Bohnen beispielsweise sind eine super Kombination, da sie zusammen ein hochwertiges Aminosäureprofil haben (mehr dazu HIER).
Tierische Produkte sind nicht nötig um den Proteinbedarf zu decken
Auch Vegetarier und Veganer können ihren Proteinbedarf sehr gut decken. Wer (Pseudo-) Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln und Gemüse bewusst kombiniert, kann kerngesund auch ohne tierische Produkte sein.
Grünkohl, Brokkoli, Kohlrabi, Auberginen, Kürbiskerne, Chiasamen, Blumenkohl, Kichererbsen, Süßkartoffeln, Pilze, etc. sind einzeln gesehen keine Proteinbomben, aber die Summe macht es!
Es ist kein Hexenwerk – wie so häufig kommt es auf die Vielfalt an. Dabei müssen die verschiedenen Eiweißquellen nicht in einer Mahlzeit verzehrt werden. Wichtiger ist eine über den Tag ausgewogene Verteilung. Beispiele für gute Kombinationen findest du HIER.
Fazit
Tierisches Eiweiß ist nicht zwangsläufig „besser“ als pflanzliches Eiweiß. Es kommt auf die Mischung der (pflanzlichen) Nahrungsproteine und auf die Qualität der Nahrungsmittel an. Auch Vegetarier und Veganer können eine bedarfsgerechte Proteinzufuhr umsetzen – ganz ohne Proteinpulver oder Nahrungsergängzungsmittel. Schwierig wird es erst, wenn die allgemeine Nahrungsenergieaufnahme zu niedrig ist – dann kann auch die Proteinzufuhr darunter leiden.
Nur nebenbei bemerkt: es gibt auch vegane Bodybuilder:)
Entscheide selbst, welche Nahrungsmittel du wählst. Höre auf dein Körpergefühl.
Was bevorzugst du: tierische oder pflanzliche Nahrungsmittel? Oder eine Mischung aus beidem?
Quellen
1LEITZMANN, C., & KELLER, M. (2013). Vegetarische Ernährung, 3. akt. und erw. Aufl., Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer (zit. nach Koerber, Karl von/Leitzmann, Claus, 2012).
Münzing-Ruef, I. (1996). Kursbuch gesunde Ernährung: die Küche als Apotheke der Natur. Zabert Sandmann.