Astronauten essen es in der Schwerelosigkeit wegen des hohen Protein- und Mineralstoffgehalts, wir essen es, weil es glutenfrei ist oder vielleicht weil es gerade im Trend ist (sogar bei McDonalds wird es inzwischen angeboten) oder einfach weil es LECKER ist! Die Rede ist von einem der „Wunderkörner“ der Inkas – Quinoa – oder wie die Inkas es nannten: „Mutterkorn“.
Was ist Quinoa?
Quinoa (Chenopodium quinoa willd) wird gemeinsam mit Canihua und Amaranth als „Körner der Inkas“ bezeichnet, da sie auch unter den widrigen Klimabedingungen der Anden angebaut werden können und somit eine wichtige Nahrungsquelle für die Bewohner der Anden darstellen. Die Inkas unterstrichen die Einzigartigkeit des Quinoas mit dem Begriff „Mutterkorn“.
Botanisch gesehen gehört es nicht wie die „echten“ Getreidearten (Weizen, Roggen, etc.) zu der Familie der Süßgräser (Poaceae), sondern Quinoa wird der Familie der Fuchsschwanzgewächse zugeordnet. Da es ähnlich wie Getreide verwendet werden kann, zählt es zu den Pseudocerealien.
Pseudocerealien enthalten kein Klebereiweiß Gluten, wodurch Quinoa ideal für eine glutenfreie Ernährung ist, auf die z.B. Zöliakie-Kranke angewiesen sind.
Eigenschaften von Quinoa
Quinoa gibt es in sehr vielen verschiedenen Farben: von weiß über grau bis schwarz. Auch rötliche Töne sind möglich1. Im Supermarkt gibt es meist die weiß/gelben Körner, aber in gut sortierten Läden bekommt man auch die „bunten“ Körner.
Quinoa besticht besonders durch seinen Proteingehalt von ca. 15% (Trockenmasse),welcher höher ist als der in Weizen (10%), Gerste (12%), Hafer (12%), Reis (9%) oder Hirse (12%)2.
Nicht nur der Proteinanteil ist hervorzuheben, sondern auch die hochwertige Aminosäurezusammensetzung. Quinoa enthält nämlich fast doppelt so viel Lysin wie Weizen2. Die Aminosäure Lysin ist ein großer Schwachpunkt der „echten“ Getreidearten, da sie dort nur in sehr geringen Mengen vorkommt, ABER essentiell ist und somit unbedingt über die Nahrung zugeführt werden muss. Wir erinnern uns, dass es unheimlich wichtig ist dem Körper ALLE Aminosäuren zur Verfügung zu stellen. Fehlt auch nur ein einziger Eiweißbaustein, kann das komplette Gebilde (Eiweiß, Protein) nicht gebaut werden. Deshalb ist Quinoa eine sehr wertvolle Eiweißquelle (Proteinquelle), besonders für Menschen, die wenig oder gar kein Fleisch essen. Aber auch für (Kraft-) Sportler ist es eine gute pflanzliche Alternative um den täglichen Proteinbedarf zu decken.
Mit 200 g Quinoa kann ein erwachsener, 70 kg schwerer Mann die täglich empfohlene Menge an essentiellen Aminosäuren abdecken3.
Die Fettsäuren in Quinoa sind hauptsächlich ungesättigt (mehr Informationen über ungesättigte Fettsäuren findet ihr hier). Das Verhältnis der essentiellen Fettsäuren, die der Körper nicht selber produzieren kann und somit zwingend über die Nahrung zugeführt werden müssen, ist bei Quinoa besonders günstig1;2;4.
Wie in diesem Beitrag beschrieben, ist das Verhältnis der essentiellen Fettsäuren (omega-6/omega-3) außerordentlich wichtig, da sie sich im Stoffwechselweg kompetitiv beeinflussen und im Endeffekt auch unterschiedliche Auswirkungen auf den Körper haben. Ungesättigte Fettsäuren sind sehr empfindlich gegenüber Sauerstoff (Oxidation), aber auch hier hat die Natur eine Lösung: im (intakten) Quinoa-Samen werden die Fettsäuren durch Vitamin E, welches antioxidativ wirkt, geschützt1. Somit sind die Samen als volles Korn lange haltbar, bei Mehl (oder gepoppt oder als Flocken) ist das jedoch aufgrund der zerstörten Zellmembran nicht mehr der Fall.
Deshalb merke: Quinoa am besten immer als volles Korn aufbewahren.
Als Mineralstoffquelle ist Quinoa auch nicht zu unterschätzen. Verglichen mit Weizen enthält es besonders viel Eisen, Calcium und Zink5. Die Bioverfügbarkeit dieser Mineralien kann jedoch durch „anti-nutritive“ Stoffe beeinflusst werden2.
[ ]Anti-nutritive Stoffe: Saponine und Phytinsäure
Quinoa enthält auch sogenannte „anti-nutritive“ Stoffe, welche für den Verdauungstrakt unverdaulich sind oder nicht resorbiert werden. Sie können jedoch auch die Resorption, also die Aufnahme, bestimmter Stoffe in den Körper behindern.
Zu diesen Substanzen gehören Saponine und die Phytinsäure, welche beide in Quinoa vorhanden sind.
Die Phytinsäure bindet zwar Mineralstoffe und macht sie damit für den Körper nicht verfügbar, aber sie hat auch ihre positiven Eigenschaften – darauf bin ich in diesem Artikel über Phytinsäure näher eingegangen.
Saponine sind in der Pflanzenwelt sehr verbreitet und bilden in wässrigen Lösungen einen Schaum. Sie setzen die Oberflächenspannung herab – kommt dieses Phänomen bekannt vor? Richtig, bei den Tensiden ist das genauso. Saponine sind nämlich Tenside (u.a. in Waschmittel vorkommend). Welche Funktion die Saponine bei der Pflanze übernehmen, ist noch relativ unbekannt. Man vermutet, dass sie zur Abwehr dienen.
Saponine schmecken bitter und manche können die Bioverfügbarkeit bestimmter Mineralstoffe herabsetzen. Da die meisten wasserlöslich sind, können sie durch Vorbehandlung des Nahrungsmittels deutlich reduziert werden. Aus diesem Grund wird Quinoa vor dem Verkauf geschält, gewaschen und geschrubbt6. Da dies für die Industrie einen großen Aufwand bedeutet, wird inzwischen an Samen geforscht, die weniger Saponine in der Schale enthalten7.
Durch Einweichen, Kochen oder Keimen können auch in Heimarbeit anti-nutritive Stoffe reduziert werden.
Quinoa im WELTALL
Für Astronauten ist eine hochwertige Ernährung besonders wichtig. Muskelabbau in der Schwerelosigkeit ist ein großes Problem, weshalb die Versorgung mit sämtlichen Aminosäuren bzw. Proteinen unerlässlich ist. Nach eingehender Untersuchung kam die US-Weltraumbehörde NASA bereits 1993 zu der Schlussfolgerung, dass Quinoa ein ideales Nahrungsmittel für langfristige Weltraummissionen sei. Nicht nur der hohe und hochwertige Proteinanteil überzeugte, sondern auch die unkomplizierte Zubereitung und die Vielfalt der Kombinationmöglichkeiten mit anderen Nahrungsmitteln8.
Wie wird Quinoa verwendet?
Quinoa kann ähnlich wie „echtes“ Getreide verwendet werden – roh oder gekocht. Es sollte jedoch grundsätzlich vorher abgespült werden, um eventuell noch vorhandene Saponine zu entfernen. Dazu das Quinoa in ein feines Sieb geben und unter fließendem kalten Wasser gründlich abspülen. Immer wieder schwenkende Bewegungen mit dem Sieb ausführen, damit die Körner sich ein wenig aneinander reiben und somit der bittere Geschmack, der von den Saponinen kommt, entfernt wird.
Quinoa kann als Vollkorn (ganzes Korn) gekocht und ähnlich wie Reis oder Nudeln verwendet werden. Besonders lecker ist es als Risotto angesetzt, man nennt es auch „Quinotto“. Auch als herzhafter Auflauf im Ofen ist es sehr lecker!
Wer gerne warm frühstückt, kann gekochtes Quinoa mit Obst und Nüssen/Samen kombinieren. Ein besonderes Highlight ist eine süße Risotto-Variante. Simple, aber außergewöhnlich!
Gemahlen kann es in sämtlichen Backrezepten verwendet werden. Man muss jedoch bedenken, dass das Kleberweiß Gluten fehlt!
Gepoppt oder als Flocken schmeckt es in Müsli oder Joghurt – sowohl als Nachtisch als auch als Zwischenmahlzeit.
Es lässt sich sogar keimen! Die gekeimten Quinoa-Samen können im Salat oder auf Brot – ähnlich wie Kresse – genossen werden.
Wann ist Quinoa gar?
Abb. 1: Links ist gekochte Quinoa zu sehen, rechts sind noch ungekochte Samen. Wie man sieht, wird das weiße Innere des Samens durch den Garvorgang glasig.
Im Topf ein Teil gewaschenes Quinoa mit zwei Teilen Wasser aufkochen und dann bei mittlerer Hitze garen lassen. Ungekocht ist Quinoa weiß (falls man gelbe Quinoa gekauft hat), beim Garen wird das Innere des Kornes langsam glasig (siehe Abb. 1). Der weiße „Punkt“ in der Mitte muss nicht ganz verschwinden. Es ist Geschmackssache, ob Quinoa noch etwas Biss haben soll oder nicht. Je länger man es garen lässt, desto mehr zerfällt es auch. Der äußere „Ring“ wird sich irgendwann komplett vom Samen ablösen. Die Garzeit beträgt meist ca. 15 Minuten.
Fazit
Quinoa zählt zwar zu den Pseudocerealien, kann aber ähnlich wie die „echten“ Getreidearten verwendet werden. Die Inhaltsstoffe sind den des Weizens deutlich überlegen, weshalb manche es als „Superfood“ bezeichnen. Die einfache Handhabung und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in der Küche machen das Wunderkorn der Inkas sehr sympathisch. Ein weiterer Pluspunkt ist das fehlende Klebereiweiß Gluten. Alles in allem ist Quinoa ein sehr hochwertiges Lebensmittel und ein gern gesehener Gast in unserem Hause!
Quellen
1Vega-Galvez A., Miranda M., Vergara J., Uribe E., Puente L. & Martinzez E. A. Nutrition facts and functional potential of quinoa (Chenopodium quinoa willd.), an ancient Andean grain: a review. Journal of the Science of Food and Agriculture 2010;90(15), 2541–7 .doi: 10.1002/jsfa.4158.
2Repo-Carrasco R., C. Espinoza & S. -E. Jacobsen Nutritional Value and Use of the Andean Crops Quinoa (Chenopodium quinoa) and Kañiwa (Chenopodium pallidicaule), Food Reviews International 2003;19:1-2, 179-189, doi: 10.1081/FRI-120018884
3Tessari P, Lante A, Mosca G, Essential amino acids: master regulators of nutrition and environmental footprint? Scientific Reports 2016; 6, 26074; doi: 10.1038/srep26074.
4Alvarez-Jubete L., Arendt E. K. & Gallagher E., Nutritive value and chemical composition of pseudocereals as gluten-free ingredients, International Journal of Food Sciences and Nutrition 2009; 60:4, 240-257, doi: 10.1080/09637480902950597
5Repo-Carrasco-Valencia R. A., Encina C. R., Binaghi M. J., Greco C. B. and Ronayne de Ferrer P. A., Effects of roasting and boiling of quinoa, kiwicha and kañiwa on composition and availability of minerals in vitro. Journal of the Science of Food and Agriculture 2010; 90: 2068–2073. doi: 10.1002/jsfa.4053
6Ruales J., Nair B. M. Saponins, phytic acid, tannins and protease inhibitors in quinoa (Chenopodium quinoa, Willd) seeds. Food Chemistry 1993; 48: 137-143. doi:10.1016/0308-8146(93)90048-K
7Bazile D, Jacobsen S-E and Verniau A. The Global Expansion of Quinoa: Trends and Limits. Frontiers in Plant Science 2016; 7:622. doi: 10.3389/fpls.2016.00622
8Schlick, G. and D.L. Bubenheim. 1993. Quinoa: An emerging „new“ crop with potential for CELSS. NASA Tech. Paper #3422