Neben den schon genannten Vorteilen von Sport, führt regelmäßige körperliche Betätigung dazu, dass der Körper einen stärkeren Muskelapparat aufbaut. Dies hat meist einen höheren Energieumsatz zur Folge, da Muskelzellen auch in Ruhe mehr Energie verbrauchen als Fettzellen. Wie funktioniert Muskelwachstum und wie kann ich den Körper bei seinen Aufgaben und Funktionen unterstützen? Muss ich Eiweißshakes trinken oder geht es auch anders?
Was passiert beim Muskelwachstum?
Tagtäglich werden in unserem Körper alte Zellen entsorgt und durch neue ersetzt. Die Milz beispielsweise sorgt dafür, dass nur elastische rote Blutkörperchen in unserem Körper herumschwirren. Rote Blutkörperchen (auch Erythrozyten genannt) schwimmen, wie der Name schon sagt, im Blut herum und versorgen das Gewebe mit Sauerstoff. Deshalb ist die Flexibilität dieser Zellen unheimlich wichtig, da sie jeden kleinsten Winkel des Körpers erreichen müssen. Ist ein Blutkörperchen nicht mehr so beweglich, „fängt“ die Milz dieses ab und entsorgt es. Gleichzeitig werden an anderer Stelle neue Zellen produziert, damit kein Defizit entsteht.
Es geht um das Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau (anaboler und kataboler Stoffwechsel).
Ähnliches gilt für Muskelzellen. Es geht permanent um das Gleichgewicht zwischen Zellabbau (kataboler Stoffwechsel) und Zellaufbau (anaboler Stoffwechsel). In jüngeren Jahren besteht bei einem gesunden Körper ein kleiner Überhang auf Seiten des anabolen Stoffwechsels (Zellaufbau). Ab einem Alter von ungefähr 50 Jahren kann sich der Überhang langsam auf die katabole Seite verschieben, wodurch Muskeln mit der Zeit abgebaut werden1.
Aber keine Angst, es ist ein ganz natürlicher Prozess. Der gesamte Körper, wie auch die Natur, ist darauf aufgebaut, dass es immer um das Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau geht. In der Natur ist dies sehr gut an den Jahreszeiten zu erkennen. Im Frühjahr sprießen die Pflanzen, die Natur wird grün, sprich hier überwiegt der Aufbau, während im Herbst die Blätter verwelken. Was jedoch nicht schlimm ist, sondern ein ganz natürlicher Vorgang.
Es gehört einfach zum Leben dazu. Die Geschwindigkeit mit der dieser Überhang zum Zellabbau eintritt ist jedoch unterschiedlich. In gewissem Rahmen kann diesem Zustand des „Verfalls“ entgegen gewirkt werden. Dies kann zum einen mit Sport, aber auch im Rahmen der täglichen Ernährung erfolgen.
Muskelwachstum mit Bewegung anregen
Normalerweise wird Muskelwachstum durch Reizung des Muskels, sprich beim Sport oder andersartiger Belastung, stimuliert. Es ist wichtig die Muskeln zu benutzen. Den ganzen Tag im Bett oder auf der Couch zu verbringen ist nicht förderlich.
Kleine Kinder machen das ganz automatisch – sie werden häufig sogar von Erwachsenen ausgebremst, wenn sie zu energiegeladen durch die Gegend rennen. Doch je älter wir werden, desto weniger bewegen wir uns – leider. Auch für ältere Menschen ist es wichtig aktiv zu bleiben. Diese sollten versuchen so lange wie möglich mobil zu bleiben.
Dabei geht es nicht nur darum, dass sie von A nach B kommen. Auch bei der Regulation der Körpertemperatur und beim Blutzuckerspiegel spielen die Skelettmuskeln eine wichtige Rolle. Vermehrter Muskelabbau kann zu einem erhöhten Risiko für Herzkreislaufkrankheiten, Diabetes und Übergewicht führen1. Von daher ist es sehr wichtig in Bewegung zu bleiben. Schon ein zügiger Spaziergang täglich von einer halben Stunde kommt nicht nur dem Muskelapparat zugute, sondern baut auch Stress ab und versorgt den Körper mit „frischem“ Sauerstoff.
Mit Ernährung dem (Muskel-) Abbau entgegen wirken
Wie so häufig, ist nicht nur die Reizung des Muskels für Muskelaufbau nötig – es ist auch wichtig, dass die nötigen Nährstoffe vorliegen, damit der Körper diese einbauen kann. Fehlen die Steine beim Hausbau, kann man noch so viele Handwerker, Mörtel und Werkzeuge vor Ort haben, ein Bau des Hauses wird unmöglich sein.
Proteine sind wichtig fürs Muskelwachstum!
Empfehlung für einen gesunden Erwachsenen (männlich und weiblich) mit hauptsächlich sitzender Tätigkeit2: 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht
Für Kinder2: ca. 1 g pro Kilogramm Körpergewicht
Hauptbaustein beim Muskelwachstum sind Proteine, welche aus Aminosäuren aufgebaut sind. Von den Aminosäuren gibt es essentielle, welche zwangsweise über die Nahrung zugeführt werden müssen, und nicht-essentielle Aminosäuren.
Vergleichen wir dies mit einem Kuchen backen: fehlt das Ei, kann dies beispielsweise durch Chiasamen, Leinsamen oder Apfelmus ersetzt werden (nicht-essentielle Aminosäure).
Fehlt jedoch das Mehl, wird es schwierig dies zu ersetzen (entspricht einer essentiellen Aminosäure).
Kernaussage: Essentielle Aminosäuren dürfen nicht fehlen.
In einer Studie von Tipton3 wollte man herausfinden wie dem schnellen Muskelabbau bei älteren bettlägerigen Patienten entgegen gewirkt werden kann. Da die Stimulation der Muskeln auf ein Minimum fällt, kann der Weg nur über die Ernährung gehen. So wurde festgestellt, dass neben der ausreichenden Energiezufuhr auch die richtige Zusammensetzung der Nahrung ausschlaggebend ist.
Auch hier gilt wieder: eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ist ausschlaggebend.
Nicht Quantität sondern Qualität ist wichtig!
Fehlt dem Körper eine essentielle Aminosäure, so kann er diese nicht aus den anderen Aminosäuren bauen. Es entsteht somit ein Defizit. Dies bedeutet aber nicht, dass NUR die essentiellen Aminosäuren zugeführt werden müssen. Die anderen Aminosäuren sind trotzdem wichtige Bausteine für den Körper und sollten nicht vernachlässigt werden.
Wenn alle Aminosäuren auf dem Speiseplan stehen, geht es noch um die Frage: wann sollte man essen?
2 bis 3 Stunden nach einer Trainingseinheit sollten Proteine zugeführt werden1.
Um das Muskelwachstum maximal zu stimulieren, sollte die Mahlzeit aus ca. 9 g4 bis 10 g essentiellen Aminosäuren bestehen, was ungefähr einem Rindersteak von 150g entspricht5.
Bei Mengen darüber hinaus entsteht ein Plateau – die Wirkung wird dann nicht mehr merklich größer.
Kurz zusammengefasst:
Wie schon häufiger erwähnt, bestehen natürliche Lebensmittel NIE nur aus Proteinen – sie sind immer eine Mischung aus Proteinen (=Eiweißen), Fetten und Kohlenhydraten. Hinzu kommen noch Mineralstoffe und Spurenelemente.
Wenn also die Rede davon ist, dass man viele Proteine aufnehmen sollte, heißt das nicht, dass man tonnenweise Eiweißshakes trinken muss. Eigentlich kommt der Körper besser damit klar, wenn er nicht überhäuft wird. Wie schon erläutert, erreicht das Muskelwachstum ab einer bestimmten Proteinmenge ein Maximum. Ab da bedeutet mehr Eiweiß nicht mehr Muskelwachstum – es könnte jedoch in mehr Körpermaße resultieren.
Von daher die Empfehlung: von Nahrung alleine wächst kein Muskel. In erster Linie muss trainiert werden. Die Ernährung kann jedoch die Effektivität des Trainings steigern.
Am einfachsten und auch am besten sowohl für die Gesundheit als auch für den Geldbeutel ist es, sich an natürliche Proteinquellen zu halten.
Welche natürlichen Proteinquellen sind empfehlenswert?
Prinzipiell ist tierisches Eiweiß für den Menschen am besten (hochwertigsten) – manche sagen auch „biologisch wertvoll“.
Es gibt verschiedene Methoden mit denen versucht wird die „Wertigkeit“ der Proteine zu bestimmen – jede hat ihre Vor- und Nachteile. Darauf will ich jetzt nicht im Detail eingehen, aber ich möchte zeigen, dass es durchaus qualitative Unterschiede gibt.
Beim Protein ist die Qualität und weniger die Quantität entscheidend.
Da spielen verschiedene Faktoren mit rein: wie gut wird das Protein verstoffwechselt? Sind alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge vertreten? Wie viel Stickstoff wird vom Nahrungsmittel aufgenommen und wie viel von dem Stickstoff kann der Körper tatsächlich in körpereigenes Protein umwandeln?
Nehmen wir die biologische Wertigkeit als Beispiel:
Die biologische Wertigkeit soll angeben, wie viel Gramm Körpereiweiß durch 100 g des Nahrungseiweißes aufgebaut werden können. Je besser (höher) die biologische Wertigkeit, desto weniger von dem Nahrungseiweiß wird benötigt, um nicht in ein Defizit zu verfallen.
Oft wird auch von der „limitierenden Aminosäure“ im Zusammenhang mit Proteinqualität gesprochen. Dabei ist die essentielle Aminosäure gemeint, die in dem besagten Nahrungsmittel in zu geringer Menge vorkommt. So ist Lysin beispielsweise die limitierende Aminosäure im Reis, Weizen und Mais2. Bei Hülsenfrüchten (Bohnen, Linsen und co.) dagegen sind meist Methionin und Cystein im Mangel – somit ergänzen sich diese Nahrungsmittel wunderbar! Ein tolles Beispiel für die richtige Kombination von Nahrungsmitteln und wie erfolgreich man damit Defizite vorbeugen kann, könnt ihr im Artikel über Polenta nachlesen.
Mit der richtigen Kombination der Lebensmittel, kann die Eiweißwertigkeit deutlich erhöht werden!
Dabei müssen die verschiedenen Eiweißquellen nicht gemeinsam verzehrt werden um den Körper mit allen Aminosäuren zu versorgen. Diese können über einen Zeitraum von 4 bis 6 Stunden verteilt werden6. Zeit genug, würde ich sagen! :)
In der Abbildung sind Beispiele günstiger Nahrungsmittelkombinationen.
Fazit
Muskelwachstum wird sowohl durch Reizung (=Bewegung) als auch durch Ernährung beeinflusst. Man muss daraus jedoch keine Wissenschaft machen, auch sind Proteinpulver nicht nötig! Mit der richtigen Kombination an Nahrungsmitteln kann das Muskelwachstum unterstützt und seine eigene Leistungsfähigkeit gesteigert werden.
Quellen
1Tang J.E., Phillips S.M. Maximizing muscle protein anabolism: The role of protein quality.Current Opinion in Clinical Nutrition & Metabolic Care. 2009; 12:66–71. doi: 10.1097/MCO.0b013e32831cef75
2EFSA NDA Panel (EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies), 2012. Scientific Opinion on Dietary Reference Values for protein. EFSA Journal 2012; 10(2):2557, 66 pp. doi:10.2903/j.efsa.2012.2557
3Tipton KD, Gurkin BE, Matin S, et al. Nonessential amino acids are not necessary to stimulate net muscle protein synthesis in healthy volunteers.Journal of Nutritional Biochemistry.1999; 10:89–95. doi: 10.1016/S0955-2863(98)00087-4.
4Moore, D. R., M. J. Robinson, J. L. Fry, J. E. Tang, E. I. Glover, S. B. Wilkinson, et al. . Ingested protein dose response of muscle and albumin protein synthesis after resistance exercise in young men. The American Journal of Clinical Nutrition.2009; 89:161–168. doi: 10.3945/ajcn.2008.26401.
5Cuthbertson D, Smith K, Babraj J, et al. Anabolic signaling deficits underlie amino acid resistance of wasting, aging muscle. The FASEB Journal.2005; 19:422–424
6Konopka, Peter, Sporternährung; BLV Verlag 2012; 70-73
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