Der frühere US-Präsident Barack Obama liebt ihn, George Bush verkündete 1990, dass er ihn hasste und verbannte ihn von der Air-Force-One (dem Flugzeug des amerikanischen Präsidenten).
Dabei scheinen Brokkoli (und seine Verwandten) unheimlich effektiv im Kampf gegen Krebs zu sein. Besonders gegen Prostata-, Brust-, Lungen- und Darmkrebs wurden schon tolle Ergebnisse erzielt.
Unter den vielen Senfölen mit krebshemmenden Eigenschaften, die in Brokkoli gefunden wurden, stach eines besonders hervor: Sulforaphan. Wie man Brokkoli zubereitet, damit er uns helfen kann gar nicht erst an Krebs zu erkranken, erfahrt ihr jetzt!
Sekundäre Pflanzenstoffe – Helden?
Brokkoli gehört zu den Kreuzblütlern (Brassicaceae oder Cruciferae) ebenso wie Kohl, Rettich, Radieschen, Senf, usw. (mehr dazu hier). Diese Familie ist bekannt für ihre „Senfölbombe“, welche aus der inaktiven Vorstufe der Senföle (den Glukosinolaten = Senfölglykoside) und dem Enzym Myrosinase besteht.
Die Senfölglykoside (inaktive Vorstufe der Senföle) gehören zu den sekundären Pflanzenstoffen. Diese Stoffgruppe gibt den Pflanzen keine Energie, weshalb sie nicht essentiell (lebensnotwendig) ist, aber sie hilft bei der Abwehr von Feinden. Die amerikanischen Präsidenten wissen nur allzu gut wie wichtig eine gute Verteidigung ist ;)
Ein gutes Verteidigungssystem kann Leben retten!
Knabbert ein Insekt an der Pflanze, wehrt sich diese mit scharfem Geschmack.
Im „intakten“ Zustand sind die Senfölglykoside und das Enzym Myrosinase an unterschiedlichen Stellen in der Pflanzenzelle gespeichert. Kommt nun ein hungriges Insekt (oder der Mensch) daher und knabbert an der Pflanze, wird die Zelle verletzt, wodurch das Enzym und die Senfölglykoside in räumliche Nähe kommen und miteinander reagieren. Das Enzym baut die Senfölglykoside ab. Es entstehen unter anderem die scharf-schmeckenden Senföle (Isothiocyanate), die typisch für diese Familie sind.
Man beachte: es sind die Abbauprodukte (die Senföle), die hier die „Helden“ sind – nicht die Senfölglykoside selber
Diese Senföle schützen nicht nur die Pflanze vor Angreifern – auch wir können von ihnen profitieren, wenn wir diese Pflanzen zu uns nehmen. In Studien erwiesen sie sich als sehr wirksam mit entzündungshemmenden Eigenschaften und verbeugend gegen Krebs1.
Ein bestimmtes Senföl mit dem Namen Sulforaphan hat es der Wissenschaft besonders angetan.
Sulforaphan – der Stern am Himmel?
Prof. Talalay ist eine Koryphäe und Pionier im Kampf gegen Krebs. Er sagte schon sehr früh, dass man Krebs mit der richtigen Ernährung vorbeugen könnte. Seiner Meinung nach sollte der Kampf nicht erst bei der Diagnose, sondern deutlich früher beginnen!
Gegen Krebs sollte man vorbeugend arbeiten – nicht warten bis die Diagnose da ist!
Seine Bemühungen dies auch wissenschaftlich zu unterlegen waren geglückt als er die Wirkungen des Sulforaphans entdeckte, einem Senföl, das besonders in Brokkoli und Brokkoli-Sprossen anzutreffen ist. In etwas geringeren Konzentrationen ist es aber auch in Weißkohl, Blumenkohl und den anderen Verwandten aus der Familie der Kreuzblütler vorhanden.
Senfölglykoside werden durch das Enzym Myrosinase zu den scharf schmeckenden Senfölen abgebaut.
Sulforaphan ist eines der vielen Abbauprodukte die entstehen, wenn Glukosinolate auf das Enzym Myrosinase treffen. Es erwies sich als äußerst wirksam in verschiedenen Krebsstadien, wobei es unter anderem das Wachstum des Tumors hemmte und auch den Zelltod der Tumorzellen einleitete2. Wird dieses Senföl möglicherweise demnächst als Krebsmedikament eingesetzt? Die aktuelle Datenlage zeigt zumindest, dass der Verzehr von Kreuzblütlern, insbesondere Brokkoli, zu einer Risikominderung und einem verlangsamten Wachstum von Tumoren führen kann.
Auch das Bakterium Helicobacter pylori – das Bakterium was meistens Auslöser einer Magenschleimhautentzündung und/oder eines Magengeschwürs ist – musste unter diesem Senföl weichen. Sulforaphan bekämpft das Bakterium selber und verhindert gleichzeitig die Bildung eines Tumors. Diese Laborergebnisse scheinen sehr vielversprechend, wenngleich die Wirkung beim Menschen noch weiter untersucht werden muss2;3.
Im Tiermodell wurde ebenfalls eine vorbeugende Wirkung gegen Herzkreislauferkrankungen gefunden2, aber auch in diesem Punkt müssen noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden.
Es ist leider kein Wundermittel.
Wie so häufig kommt es aber auf die Gesamtkomposition an. Brokkoli alleine wird nicht viel gegen Krebs und andere Krankheiten verrichten können, wenn gleichzeitig ein ungesunder Lebensstil besteht. Auch bei Herzkreislauferkrankungen wird er nicht viel helfen können, wenn die anderen Baustellen wie zu wenig Bewegung und/oder Übergewicht nicht in Angriff genommen werden.
Was passiert beim Kochen?
Erst beim Abbau der Senfölglykoside (inaktive Vorstufe der Senföle) durch das Enzym Myrosinase entstehen die krebshemmenden Stoffe, die Senföle. Da Brokkoli und seine Verwandten meist nicht in rohem Zustand gegessen werden, schauen wir uns doch mal an was mit den krebsvorbeugenden Stoffen beim Kochen passiert.
Die Senfölglykoside
Senfölglykoside (inaktive Vorstufe der Senföle) gehen bei ausgiebigem Kochen ins Kochwasser über1;4.
Von daher wäre es ratsam, das Kochwasser mitzuverwenden. Gegen kurzzeitiges Erhitzen bei dem der Brokkoli keine 100°C Innentemperatur erreicht, scheinen die Senfölglykoside recht stabil zu sein5.
Als Daumenwert wäre laut dieser Studie eine Kochzeit von unter 10 Minuten2 zu empfehlen.
Die Ergebnisse zur Mikrowellennutzung sind noch etwas kontrovers, aber viele Studien haben gezeigt, dass auch bei dieser Methode der Gehalt an Senfölglykosiden im Gemüse sinkt2.
Dampfgaren ist die schonendste Methode
Beim Dampfgaren dagegen bleiben diese Stoffe weitestgehend erhalten2. Da die Gruppe der Senfölglykoside groß und vielfältig ist, wird es sicherlich ein paar geben, die Hitze nicht allzu gut vertragen, aber im Vergleich zum Kochen ist Dampfgaren die weitaus schonendere Zubereitungsmethode2.
Das Enzym Myrosinase
Das Enzym Myrosinase wird bei Hitze zerstört. Das heißt: mein gekochter Brokkoli hat zwar noch die inaktive Vorstufe unserer „Helden“, aber diese alleine bringen nicht die krebshemmende Wirkung.
Achtung: Tiefgefrorener Brokkoli wird in der Industrie üblicherweise vor dem Einfrieren kurz blanchiert, wodurch die Myrosinase inaktiviert wird. Senfölglykoside (inaktive Vorstufe der Senföle) bleiben jedoch erhalten5.
Wer dennoch tiefgefrorenen Brokkoli verwenden möchte, könnte sich helfen indem er Brokkoli-Sprossen über seinen Brokkoli streut, da dort das Enzym weiterhin aktiv ist.
Vitamin C (Ascorbinsäure) ist auch wichtig in diesem Zusammenhang, da es ein Ko-faktor des Enzyms ist – es aktiviert dieses quasi5. Vitamin C gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen und ist bekanntlich nicht sehr hitzestabil (mehr zu Vitamin C findet ihr hier).
Wie stabil sind die Senföle (Abbauprodukte der Senfölglykoside)?
Die für uns wichtigen Senföle (u.a. Isothiocyanate) sind relativ hitzestabil – so lange man das Gemüse nicht stundenlang bei sehr hohen Temperaturen kocht1.
Senfölglykoside (ganz links) und die Abbauprodukte (ganz rechts) vertragen etwas Hitze. Das Enzym Myrosinase (Mitte) jedoch NICHT.
Kurze Zusammenfassung:
- Senfölglykoside sind hitzestabil und treten ins Kochwasser über.
- Das Enzym Myrosinase, was unsere vermeintlichen „Helden“ produziert, geht bei Hitze kaputt.
- Die krebshemmenden Abbaustoffe (Senfölglykoside) wiederum sind stabil.
Kann unser Darm diese auch abbauen?
Da die krebshemmenden Stoffe erst durch den Abbau von Senfölglykosiden entstehen, kann man sich fragen, ob wir Menschen diese „Helden“ selber herstellen können?!
Mit anderen Worten: bringt uns der Verzehr von gekochtem Brokkoli eventuell doch etwas im Hinblick auf den Abbau der Senfölglykoside?
Die Antwort lautet: nicht wir, aber unsere Darmbewohner können es! In unserem Darm beherbergen wir ganz viele Bakterien (Darmmikrobiota), die uns beim Abbau vieler Stoffe, vor allem den Ballaststoffen, helfen (mehr dazu hier). Auch in diesem Fall gibt es Bakterienarten, welche aus den inaktiven Vorstufen krebsschützende Senföle produzieren können. Allerdings ist es nicht ganz so effektiv – die „Ausbeute“ ist deutlich geringer1.
Wie bereitet man „krebsvorbeugenden Brokkoli“ zu?
Aus den Ergebnissen ist zu lesen, dass beim Erhitzen das wichtige Enzym getötet wird. Das heißt aber nicht, dass wir nun alle zum Rohköstler werden müssen. Wir müssen nur umdenken!
Nehmen wir als Beispiel eine Brokkoli-Suppe:
Normalerweise würde man den Brokkoli in Röschen zerkleinern, im Wasser garen und anschließend zu einer Suppe pürieren.
NEUE Methode: Reihenfolge ändern!
Brokkoli zuerst im Mixer mit etwas Wasser zerkleinern und ca. eine halbe Stunde stehen lassen. Erst danach wird die Suppe mit ein paar Kräutern und Gewürzen kurz erhitzt.
Warum?
Beim Zerkleinern kommen Enzym und Senfölglykoside zusammen und während der halben Stunde kann das noch aktive Enzym seine Arbeit verrichten. Da die Abbaustoffe relativ hitzestabil sind, kann man anschließend die Suppe erhitzen ohne die krebshemmenden Stoffe zu zerstören. Der zerkleinerte Brokkoli braucht auch gar nicht mehr so lange zum Garen.
10 Minuten sollten da locker reichen!
Fazit
Der Kampf gegen Krebs und andere chronische Krankheiten kann beginnen!! Am Beispiel vom Brokkoli wird sehr schön deutlich welches Potential in „einfachen“ Lebensmitteln stecken kann. Aber Brokkoli alleine wird nicht viel verrichten können – es geht um die Gesamtkomposition.
Garantien gibt es keine, allerdings ist es ein guter Anfang! Viel Spaß bei der neuen Zubereitungsmethode!
Quellen
1Hanschen, F. S., Lamy, E., Schreiner, M., & Rohn, S. (2014). Reactivity and stability of glucosinolates and their breakdown products in foods. Angewandte Chemie International Edition, 53(43), 11430-11450.
2Jones, R. B., Frisina, C. L., Winkler, S., Imsic, M., & Tomkins, R. B. (2010). Cooking method significantly effects glucosinolate content and sulforaphane production in broccoli florets. Food Chemistry, 123(2), 237-242.
3Fahey, J. W., Haristoy, X., Dolan, P. M., Kensler, T. W., Scholtus, I., Stephenson, K. K., … & Lozniewski, A. (2002). Sulforaphane inhibits extracellular, intracellular, and antibiotic-resistant strains of Helicobacter pylori and prevents benzo [a] pyrene-induced stomach tumors. Proceedings of the National Academy of Sciences, 99(11), 7610-7615.
4Song, L., & Thornalley, P. J. (2007). Effect of storage, processing and cooking on glucosinolate content of Brassica vegetables. Food and Chemical Toxicology, 45(2), 216-224.
5Rungapamestry, V., Duncan, A. J., Fuller, Z., & Ratcliffe, B. (2007). Effect of cooking brassica vegetables on the subsequent hydrolysis and metabolic fate of glucosinolates. Proceedings of the Nutrition Society, 66(1), 69-81.