Hirse ist das älteste bekannte Getreide und war einst eine der Hauptnahrungsquellen der Urbevölkerung. Jahrtausendelang war sie auch in Europa eine unentbehrliche Energie- und Eiweißquelle – insbesondere den ärmeren Bevölkerungsschichten.
Die Einfuhr neuer Feldfrüchte wie Kartoffel und Mais verdrängte den Hirseanbau. In vielen Gebieten Asiens und Afrikas ist Hirse jedoch auch heute noch DAS Grundnahrungsmittel. Früher als „arme-Leute-Essen“ bekannt, gewinnt sie langsam auch bei uns wieder an Bedeutung, da sie von Natur aus glutenfrei ist und viele positive Eigenschaften hat.
Was Hirse genau ist und welche gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe sie hat, erfährst du in diesem Beitrag.
Was ist Hirse?
Die Bezeichnung „Hirse“ geht auf die altgermanische Form „hirsi“ zurück, was so viel bedeutet wie Sättigung, Nahrhaftigkeit oder Nährung. Es ist ein Sammelbegriff für mehrere Sorten, die alle zur Familie der Süßgräser (Poaceae= Gramineae) gehören. Getreide wie Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Hirse, Mais und Reis zählen ebenfalls zu dieser Pflanzenfamilie und werden häufig als die „echten“ Getreide bezeichnet. Im Gegensatz dazu gibt es beispielsweise die Pseudogetreide wie Buchweizen, Quinoa, Amaranth oder Canihua, welche aus anderen Pflanzenfamilien stammen.
Hirse ist das älteste bekannte Getreide überhaupt und war lange Zeit ein Hauptnahrungsmittel der Menschen auf vielen Kontinenten. Die Samen der Hirsepflanzen sind klein, rundlich und besitzen keine Längsfurche. Die Farbe variiert je nach Art zwischen weißgrau, gelb und rotbraun.
Afrika und Asien sind die größten Hirseproduzenten weltweit. Aufgrund ihrer Dürreresistenz und Anspruchslosigkeit kann Hirse in diesen Ländern sehr gut angebaut werden. Sie ist eine wichtige Nahrungsquelle für Menschen in China, Japan, Afrika und Indien und ganz besonders für Personen, die in warmen, trockenen Gegenden der Welt leben.1;2
Man teilt Hirse in zwei Gruppen: Sorghumhirse und Millethirse
Bei den Hirsesorten lassen sich zwei Hauptgruppen unterscheiden: zum einen die Sorghumhirse, die durch größere Körner ertragreicher ist und zum anderen die kleinkörnige Millethirse (oder Echte Hirse), zu der die meisten bekannten Gattungen wie beispielsweise Perlhirse (Pennisetum glaucum), Kolbenhirse (Setaria italica) oder Rispenhirse (Panicum miliaceum) gehören.
Die Fingerhirse (Eleusine coracana) ist besonders in Indien sehr beliebt. Wegen ihrer Inhaltsstoffe hat sie ausgezeichnete gesundheitsfördernde Eigenschaften. So wurde nachgewiesen, dass sie Diabetes mellitus (Typ 2) vorbeugt, gegen Durchfall hilft, entzündungshemmend, antimikrobiell und antioxidativ wirkt, sowie gegen bestimmte Tumore und Krebs hilft3.
Braunhirse ist eine Rispenhirseart (Panicum miliaceum), die aufgrund der besonderen ernährungsphysiologischen Bedeutung mit Schale verwendet wird. Die Schale hat dabei eine braune Farbe, das Korn selbst ist ebenfalls gelb.
Die Zwerghirse Teff (Eragrostis tef) ist gerade sehr im Trend und gilt als das kleinste Getreide der Welt. In ihrer Heimat Äthiopien wird die Zwerghirse schon seit Jahrtausenden angebaut und gegessen, aber hierzulande wird es als das neue „Superfood“ gehandelt.
Liegt die Zukunft der Ernährung vielleicht in der Vergangenheit?! ;)
Ist Hirse glutenfrei?
Hirse gehört zu den „echten“ Getreiden, ist jedoch von Natur aus glutenfrei.
Manchmal wird sie in Fabriken verarbeitet bzw. verpackt, die auch glutenhaltige Getreide verarbeiten. Wer da sehr empfindlich ist, sollte auf Produkte von Unternehmen zurückgreifen, die ausschließlich glutenfreie Getreide verarbeiten (beispielsweise Schär oder Bauckhof).
Zu erkennen sind sie an der Aufschrift „glutenfrei“ oder an der durchgestrichenen Ähre.
Welche Inhaltsstoffe findet man in der Hirse?
Zur Info: Wie schon erwähnt ist Hirse eine Sammelbezeichnung für viele verschiedenen Sorten, die auch in völlig unterschiedlichen Böden und Klimazonen wachsen. Aus diesem Grund können die Inhaltsstoffe schwanken.
Hirse ist reich an Mineralstoffen (wie Kalzium, Kalium, Magnesium, Eisen, Phosphor, Zink, etc.), Polyphenolen, Antioxidantien, Phytaten, Ballaststoffen, komplexen Kohlenhydraten und Proteinen (bzw. Aminosäuren)1;3.
Wegen der festen Verwachsung von Samenschale und verholzender Fruchtschale (botanisch: Karyopse) werden Hirsekörner geschält angeboten. Genau genommen sind Hirsekörner deshalb keine Vollkornprodukte und der Ballaststoffgehalt liegt dementsprechend niedriger (mit Ausnahme: Braunhirse).
Reich an schwefelhaltigen Aminosäuren
Hirse allgemein enthält signifikante Mengen an essentiellen Aminosäuren, allen voran sind die schwefelhaltigen Aminosäuren gut vertreten (Methionin, Cystein)2.
Die Aminosäure Methionin ist reichlich vorhanden1, und ist die wichtigste Schwefelquelle für den Stoffwechsel. Sie bewahrt vor Störungen bei der Bildung von Haaren, Haut und Nägeln, sorgt für eine gute Wundheilung und neutralisiert bzw. beschleunigt den Abbau von Schwermetallen und Nierengiften.
Cystein wird manchmal auch als halb-essentiell angesehen und ist ein starkes Antioxidans. Dadurch schützt es vor Zellzerstörung und kann den Alterungsprozess verlangsamen.
Zur Erinnerung: Proteine sind aus Aminosäuren aufgebaut. Essentielle Aminosäuren müssen über die Nahrung zugeführt werden, weil der Körper sie nicht selbst produzieren kann.
Wie bei den meisten Getreidesorten ist auch bei Hirse die limitierende Aminosäure, sprich die Aminosäure, die in sehr geringen Mengen vorkommt, Lysin.
Buchweizen, Quinoa, Amaranth oder Hülsenfrüchte dagegen weisen einen hohen Wert an Lysin auf, weshalb eine Kombination dieser Nahrungsmittel für eine ideale Proteinversorgung sorgt2.
Reich an Lecithin
Weiterhin ist Hirse reich an Lecithin (=Phosphatidylcholin) was zur Gruppe der Phospholipide zählt. Phospholipide sind wichtige Bestandteile der Zellmembranen und helfen bei der Wiederherstellung und Reparatur von Nervenzellen, sorgen so für die reibungslose Weitergabe von Nervenimpulsen und verstärken den Hirnzellstoffwechsel. Zudem ist Lecithin Ausgangssubstanz für wichtige Botenstoffe im Gehirn und Nervensystem1.
Hervorragend für Haut, Haar und Nägel
Aufgrund ihres hohen Anteils an Silizium ist Hirse ein wahres Schönheitselexier, welches gut für Haut, Haar und Nägel ist. Silizium in Form von Kieselsäure sorgt für ein tolles Hautbild, gibt dem Bindegewebe Elastizität und Spannkraft und beugt somit Cellulite und Hautverformungen vor. Es stärkt die Regenerationsfähigkeit und die Reparaturkräfte der Haut bzw. Schleimhäute und beeinflusst den Hautstoffwechsel positiv. So kann die Hautoberfläche auch wieder leichter Feuchtigkeit aufnehmen.
Eisen, B-Vitamine und Folsäure sind ebenfalls vertreten
Besonders hervorzuheben ist der Gehalt an dem Spurenelement Eisen. Dieses macht Hirse so interessant für die vegetarische bzw. vegane Ernährung. Durch die Verwendung von Lebensmitteln wie Hirse, Vollkorngetreide, Amaranth/Quinoa, Hülsenfrüchten und Gemüse kann die Eisenversorgung gesichert werden. Wer gleichzeitig eisen- und vitamin C-haltige Lebensmittel kombiniert, verbessert die Resorption (Aufnahme im Darm) des Eisens und hilft somit einer Unterversorgung vorzubeugen.1;4
Die Gruppe der B-Vitamine und Folsäure sind ebenfalls vertreten4.
Hirse und ihre antinutritiven Nährstoffe wie Phytinsäure, Tannine und Oxalsäure
Manche der in der Hirse enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe haben leider keinen guten Ruf. So sollen beispielsweise Tannine Proteine (Eiweiße) binden und somit deren Bioverfügbarkeit mindern sowie die Stärkeverdauung hemmen, während Phytinsäure und Oxalsäure Mineralstoffe wie z. B. Eisen und Kalzium binden.
Alle Dinge sind Gift und nichts ohne Gift – allein die Dosis macht, das ein Ding‘ kein Gift ist. (Paracelsus)
Wie ich bereits in diesem Beitrag erläutert habe, haben diese sekundären Pflanzenstoffe nicht NUR schlechte Seiten. So kann die Phytinsäure beispielsweise Krebszellen zu Leibe rücken, sie hat eine antioxidative Wirkung und sie kann den Cholesterinspiegel senken2;4, während Tannine, Phenolsäuren und Phytate das Risiko an Brust- oder Darmkrebs zu erkranken, senken können. Weiterhin sind es gerade diese Stoffe, die antioxidativ wirken und vorm Altern und dem metabolischen Syndrom (Diabetes Typ 2, Übergewicht, Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck) schützen4.
Das heißt, die angeblich so schädlichen Stoffe sind gar nicht so schlimm, wenn sie nicht den Hauptteil unseres Speiseplans ausmachen. Die Menge macht das Gift.
Eine abwechslungsreiche Ernährung ist wichtig!!
Zudem besteht die Möglichkeit den Gehalt an Tanninen, Phytinsäure und Oxalsäure durch die Zubereitungsart der Hirse zu beeinflussen. Denn diese Stoffe können durch Methoden wie Einweichen, Fermentieren und Keimen reduziert werden5.
Hirse über Nacht einweichen
In Studien wurde gezeigt, dass das Einweichen von entspelzter und gemahlener Hirse für mehrere Stunden die Phytinsäurekonzentration reduziert. Am effektivsten stellte sich eine Einweichzeit von 8 Stunden für gemahlene Hirse heraus. Wenn das Mehl in dem Einweichwasser gekocht wurde, konnte jedoch keine weitere Reduktion der Phytinsäurekonzentration festgestellt werden6.
Die Kombination verschiedener Techniken ist sehr empfehlenswert. Das Entspelzen, Einweichen und Kochen reduziert deutlich die Menge an antinutritiven Stoffen wie Phytaten und ähnlichem und verbessert die Bioverfügbarkeit (=wie gut der Stoff aufgenommen werden kann) von Mineralstoffen wie Eisen und Zink. Auch wird die Verdaulichkeit der Proteine positiv beeinflusst (dies wurde bisher jedoch hauptsächlich in vitro nachgewiesen, also außerhalb eines lebenden Organismus)4. Keimung und Fermentation von Hirse ist ebenfalls eine tolle Methode bestimmte Nährstoffe für den Körper besser verfügbar zu machen4.
Allerdings ist die meiste Hirse, die man in Deutschland kaufen kann, bereits entspelzt und damit (soweit ich weiß) nicht mehr keimfähig. Wer hier andere Informationen hat, bitte melden!
Hirse in Wasser zu legen und dann 2 bis 5 Tage fermentieren zu lassen bevor man sie kocht, scheint jedoch auch in Deutschland ganz gut zu funktionieren. Beim Kochen werden dann die Bakterien, die sich beim Fermentieren gebildet haben, abgetötet. Allerdings haben sie vorher dafür gesorgt, dass die Nährstoffe für unseren Körper besser verfügbar sind, weshalb es durchaus eine tolle Methode ist.
Fazit
Als die Kartoffel Einzug fand musste die Hirse als Hauptnahrungsmittel leider weichen, dabei ist Hirse ein so tolles Lebensmittel!
Ähnlich wie Reis kann sie herzhaft oder süß zubereitet werden, als Beilage zu sämtlichen Gerichten oder im Auflauf verwendet werden. Hirseflocken tue ich mir persönlich gerne mit ins Müsli oder Joghurt, aber auch wenn ich mir beispielsweise eine Zucchini anbrate, füge ich gerne ein paar Hirseflocken hinzu. Ein sehr leckeres Rezept für eine Hirse-Frittata findest du HIER.
Rezept für Hirse-Frittata
Magst du Hirse? Hast du ein Lieblingsrezept?
Quellen
1Habiyaremye, C., Matanguihan, J. B., D’Alpoim Guedes, J., Ganjyal, G. M., Whiteman, M. R., Kidwell, K. K., & Murphy, K. M. (2017). Proso millet (Panicum miliaceum L.) and its potential for cultivation in the Pacific Northwest, US: a review. Frontiers in plant science, 7, 1961.
2Amadou, I., Gounga, M. E., & Le, G. W. (2013). Millets: Nutritional composition, some health benefits and processing-A review. Emirates Journal of Food and Agriculture, 501-508.
3Chandra, D., Chandra, S., & Sharma, A. K. (2016). Review of Finger millet (Eleusine coracana (L.) Gaertn): a power house of health benefiting nutrients. Food Science and Human Wellness, 5(3), 149-155.
4Sarita, E. S., & Singh, E. (2016). Potential of millets: nutrients composition and health benefits. Journal of Scientific and Innovative Research, 5(2), 46-50.
5Azeke, M. A., Egielewa, S. J., Eigbogbo, M. U., & Ihimire, I. G. (2011). Effect of germination on the phytase activity, phytate and total phosphorus contents of rice (Oryza sativa), maize (Zea mays), millet (Panicum miliaceum), sorghum (Sorghum bicolor) and wheat (Triticum aestivum). Journal of food science and technology, 48(6), 724-729.
6Lestienne, I., Mouquet‐Rivier, C., Icard‐Vernière, C., Rochette, I., & Treche, S. (2005). The effects of soaking of whole, dehulled and ground millet and soybean seeds on phytate degradation and Phy/Fe and Phy/Zn molar ratios. International journal of food science & technology, 40(4), 391-399.
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