Seelische Erschütterung, Stress, Depression, Überforderung im Alltag – das kennt sicherlich jeder von Zeit zu Zeit. Wenn dieses Gefühl jedoch länger andauert, kann es zu einer großen Belastung werden. Viele nehmen diese psychischen Probleme wahr und denken dann sie müssten „im Gehirn“ etwas ändern. Aber vielleicht ist das eigentliche Problem gar nicht im Kopf, sondern im Rest des Körpers?! Die wenigsten kommen auf die Idee, dass das Problem eventuell im Darm – unserem „zweiten Gehirn“ – liegen könnte.
Welche Rolle spielt der Darm für die seelische Gesundheit?
Wir leben nicht alleine
Die aufmerksamen Leser meines Blogs wissen bereits, dass wir eine große Anzahl Mitbewohner in unserem Darm beherbergen. In unserem Körper befinden sich mehr Mikroorganismen als Körperzellen – anders formuliert: wir bestehen zu 90% aus Mikroben und 10% aus menschlichen Zellen (mehr dazu hier).
Diese kleinen Lebewesen in unserem Darm sind maßgeblich an unserer Verdauung beteiligt.
Um ein paar Aufgaben zu nennen:
- sie produzieren Vitamine für uns
- sie zerkleinern Nahrung, die unsere körpereigenen Enzyme nicht klein bekommen
- sie bilden eine Schutzbarriere für unsere Darmzellen
- sie versorgen unsere Darmzellen mit Energie
- sie trainieren das Immunsystem
- sie helfen die Ausbreitung krankmachender Bakterien zu verhindern
Wer mehr über die Aufgaben wissen möchte, liest bitte hier weiter.
Lange Zeit wurde die Bedeutung der zahllosen Winzlinge unterschätzt. Heute lassen etliche Studien erkennen, dass die Darmmikrobiota bei der Entstehung vieler Erkrankungen wie Übergewicht, Autoimmunerkrankungen und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (wie z.B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa) eine Rolle spielt – und möglicherweise sogar das Verhalten ihres großen Wirts beeinflusst.
Auffallend ist, dass die Diversität (=Bakterienvielfalt) dabei eine große Rolle spielt. Im Laufe der Evolution hat sich die Bakterienvielfalt verändert. Was das genau bedeutet, wird noch untersucht. Aber scheinbar bedeutet Vielfalt im Darm gleichzeitig auch Stabilität, weshalb eine abwechslungsreiche Ernährung und glückliche Darmmitbewohner zu einem gesunden Körper führen. Mehr dazu hier.
Was hat der Darm mit der Psyche zu tun?
Nun fragst du dich sicherlich: warum schreibt sie die ganze Zeit über den Darm, wenn sie doch eigentlich über psychische Probleme/Belastungen schreiben wollte.
Es gibt eine Verbindung zwischen Darm und Gehirn – man spricht auch häufig vom Bauchgefühl. Dieses Bauchgefühl ist nicht nur eine Metapher, sondern der Darm und das Gehirn stehen tatsächlich ständig in Kommunikation. Über ein komplexes Autobahnnetzwerk (die Nerven) und chemischen Botenstoffen wie Hormone wird das Gehirn ständig mit Informationen über den Zustand im Darm gefüttert – und umgekehrt.
Schauen wir auf unseren vollen Terminkalender von nächster Woche, bekommen wir manchmal ein flaues Gefühl im Magen-Darm-Bereich. Schließlich sitzt dort unser zweites Gehirn. Das ist keine Einbildung. Unser Verdauungssystem reagiert auf unsere Anspannung, unser Gefühlsleben.
Während unser „zweites Gehirn“ keine Lieder komponieren oder Meisterstücke entwerfen kann, übernimmt es dennoch eine wichtige Rolle in der Regulierung unseres Magen-Darm-Trakts.
Unser „richtiges“ Gehirn ist sehr wohl über die Bakterien, die sich im Darm tummeln, informiert und weiß auch über ihren Gemütszustand Bescheid. Die Bakterien haben ihre Finger in viel mehr Stoffwechselprozessen als man anfangs dachte. So kann die Darmmikrobiota zum Beispiel den Serotoninapiegel beeinflussen. Serotonin wird als „Glückshormon“ beschrieben, das heißt je mehr Serotonin produziert wird, desto zufriedener und gelassener sind wir. Dieses Hormon wird auch häufig bei Angst und Depressionen verschrieben – es soll die Stimmung des Patienten heben.
Serotonin ist aber nur ein Beispiel von vielen. Unsere Darmmikrobiota mischt sich noch in viele weitere biochemische Prozesse ein, die mit unserer Stimmung und allgemeinen Befindlichkeit zusammen hängen. Die Forschung steht da noch ganz am Anfang.
Diese Interaktion zwischen Darm und Gehirn ist somit maßgeblich an unserer Laune beteiligt. Genauso wie sich Stress auf unseren Magen-Darm-Trakt auswirkt, bewirkt ein Ungleichgewicht im Darm, dass es uns psychisch schlechter geht. Auch Entzündungen im Darm können sich durch psychische Probleme äußern. Wir sind ohne erkennbaren Grund gereizt, unzufrieden, ängstlich, traurig – die einzelnen Ausprägungen können ganz unterschiedlich ausfallen.
Was tun?
Um eine „stabile“ Psyche zu haben, ist ein gesunder Darm unheimlich wichtig. Wer also darauf achtet, dass es den Bakterien im Darm gut geht und dass dort eine große Vielfalt herrscht, hilft gleichzeitig seiner Psyche.
Das bedeutet im Klartext: wenig industriell verarbeitete Lebensmittel und viel frisches Obst und Gemüse verzehren. Ballaststoffe sind das Lieblingsessen der Mitbewohner im Darm. Dabei ist es wichtig die Ballaststoffe von vielen verschiedenen Lebensmitteln zu konsumieren – also abwechslungsreich zu essen.
Ballaststoffe machen Darmbakterien glücklich – und somit auch den Darm!
Zum Beispiel: Vollkorn-Getreide wie Hafer, Roggen, Gerste, Weizen, aber auch glutenfreie Varianten wie Hirse, Buchweizen, Quinoa, Amaranth und Canihua sind gut. Alle Obst und Gemüsesorten sowie Hülsenfrüchte, Erbsen, Nüsse, Mandeln, Leinsamen, Chiasamen, Erdmandeln und Trockenfrüchte sind sehr zu empfehlen.
Weitere Empfehlungen findest du hier.
Aber auch gesunde Fette und ausreichend Mineralstoffe und Vitamine sind wichtig um deinen Darm gesund zu halten.
Vermeiden sollte man Zucker und künstlich gehärtete Fette, wie Pommes, Chips und Fertigbackwaren. Wobei der Zucker aus Obst und Gemüse nicht so schlimm ist, sondern eher der Zucker, der in süßen Getränken, in Süßigkeiten und in vielen industriell verarbeiteten Produkten zu finden ist.
Bewegung tut sowohl der Psyche als auch dem Darm gut. Finde eine Sportart, die dich zufrieden stellt. Für den einen ist das Yoga eventuell mit autogenem Training – der andere kann aber besser bei einem kräftezehrenden Cardio-Workout wie High-Intensity Training (HIT) oder ähnlichem runter kommen. Das muss jeder für sich herausfinden.
Fazit
Ein gesunder Darm macht uns glücklich!:)
Falls du also häufig mit Angstzuständen, Traurigkeit, Unzufriedenheit oder ähnlichem zu kämpfen hast, dann beherzige eventuell mal ein paar meiner Tipps. Vielleicht hilft es dir ja wieder zu dir zu finden.
Denke aber immer daran: sei lieb und geduldig mit dir und deinem Körper! Du hast nur den einen. Gehe die Sache Schritt für Schritt an und gib dir Zeit.
Quellen
Naseribafrouei, A., Hestad, K., Avershina, E., Sekelja, M., Linløkken, A., Wilson, R., & Rudi, K. (2014). Correlation between the human fecal microbiota and depression. Neurogastroenterology & Motility, 26(8), 1155-1162.
Jacka, F. N., O’Neil, A., Opie, R., Itsiopoulos, C., Cotton, S., Mohebbi, M., … & Brazionis, L. (2017). A randomised controlled trial of dietary improvement for adults with major depression (the ‘SMILES’trial). BMC medicine, 15(1), 23.
Sonnenburg, J., & Sonnenburg, E. (2015). The good gut: taking control of your weight, your mood, and your long-term health. Penguin.