Während wir uns mit großen Schritten dem Weihnachtsfest nähern, freue ich mich immer darauf Weihnachtsmärkte zu besuchen. Am liebsten mag ich die kleineren Märkte wo die Kunsthandwerker aus der Region ihre Produkte vorstellen. Da gibt es so tolle Sachen zu entdecken! Auf vielen Weihnachtsmärkten sind auch Maronenstände anzutreffen.
Doch was genau sind Maronen eigentlich? Wo ist die Abgrenzung zur Rosskastanie? Und was ist eine Esskastanie?
Der „Maronimann“
Wenn ich einen Stand mit heißen Maronen sehe, muss ich immer an das Kinderbuch „Die kleine Hexe“ von Ottfried Preußler denken. Dort half die kleine Hexe dem „Maronimann“, der in der Kälte jämmerlich frierend seine heißen Maronen versuchte unter die Leute zu bringen.
Maronen haben eine mehlige Konsistenz und schmecken nach dem Rösten oder Kochen leicht süßlich. Bevor die Kartoffel nach Europa gebracht wurde, waren Esskastanien bzw. Maronen lange Zeit ein nährstoffreiches und sehr günstiges Grundnahrungsmittel. Sie galten deshalb als „Brot für Arme“ und sind ein wahres Multitalent. Da die Kartoffel jedoch weniger mühsam anzubauen, zu ernten und zu verarbeiten ist, drängte sie die Esskastanie in den Hintergrund.
Um diesem tollen Baum etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken, hat die Stiftung Baum des Jahres die Edel- bzw. Esskastanie zum Baum des Jahres 2018 gewählt. Sowohl das Holz als auch die Früchte dieses Baumes sind sehr wertvoll. Neben der Robinie ist das Holz der Edelkastanie das dauerhafteste, was es in Europa zurzeit gibt1.
Kastanie, Esskastanie, Edelkastanie oder Rosskastanie – was ist was?
Im Herbst findet man sie auf dem Boden – Kastanien sind besonders in Süddeutschland häufig anzutreffen. Aber Kastanie ist nicht gleich Kastanie. Im täglichen Sprachgebrauch scheint es so, aber wir werfen da häufig zwei komplett unterschiedliche Pflanzen in einen Topf.
Die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)

Die Rosskastanie in ihrer Schale mit kurzen harten Stacheln.
Kinder sammeln sie gerne und basteln mit ihnen, für viele Tiere sind sie im Herbst willkommene Nahrung. Es geht um die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum). Die Rosskastanie gehört zur Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae) und ist somit NICHT mit der Edelkastanie (Familie der Buchengewächse) verwandt.
Im Gegensatz zur Edelkastanie (bzw. Esskastanie) können die Rosskastanien nur von Tieren verzehrt werden und dienten früher speziell den Schweinen und Schafen als Futter. Aber nicht alle Tiere vertragen sie, deshalb sollte man sich informieren, bevor man sie verfüttert. Laut alten Aufzeichnungen soll die Rosskastanie ihren Namen von den Pferden bekommen haben. Im Osmanischen Reich waren die Samen (auch Kastanien genannt) der Rosskastanie nämlich sowohl als Pferdefutter als auch als Heilmittel für hustende Pferde sehr beliebt2. Jedoch habe ich auch gelesen, dass Pferde Kastanien nicht vertragen, wobei die Schale da wohl hauptsächlich das Problem sein soll. Pferde neigen wohl zu Koliken, weshalb hier Vorsicht geboten ist.
Es ist auch die Rosskastanie, die in der Medizin heutzutage Anwendung findet. Ein Extrakt aus den Samen (Aescin) wird bei Venenleiden sehr erfolgreich eingesetzt. Bei Schweregefühl, Schmerzen, Schwellungen und Juckreiz in den Beinen sowie bei nächtlichen Wadenkrämpfen ist dieser Extrakt eine tolle Alternative zur Kompressionstherapie3;4.
Merke: Die bittere Rosskastanie ist nicht zum Verzehr für uns Menschen geeignet, aber der Extrakt ist gut bei venösem Leiden.
Die Edel- bzw. Esskastanie (Castanea sativa)

Die Edelkastanie ist auf ihrer Schale mit längeren und nicht ganz so harten Stacheln bestückt (im Vergleich zur Rosskastanie).
Die Edelkastanie (Castanea sativa) auch Esskastanie genannt, gehört zur Familie der Buchengewächse (Fagaceae). Es besteht KEINE Verwandtschaft zur Rosskastanie, die zur Familie der Seifenbaumgewächse gehört.
Esskastanien sind Nüsse – laut botanischer Definition
Die Edelkastanie bildet stärkereiche Nussfrüchte, die Kastanien oder häufig auch Maronen genannt werden. Somit sind Kastanien aus botanischer Sicht Nüsse. Allerdings wird die botanische Einordnung, ob es Nüsse sind oder nicht, anhand der Samenform entschieden. Die Esskastanie ist nämlich nicht verwandt mit Nüssen, weshalb Nussallergiker Esskastanien bzw. Maronen trotzdem essen können.
Spannend, oder?! Oder eher verwirrend?! Das Nährstoffprofil der Esskastanie unterscheidet sich auch von dem der anderen Nüsse (wie Walnüsse, Haselnüsse, etc.).
Esskastanien sind glutenfrei und werden von Nussallergikern vertragen
Maronen sind streng genommen eine weitere Züchtung der Ess- bzw. Edelkastanie. Im täglichen Sprachgebrauch werden sie häufig gleichwertig verwendet. Die Esskastanie ist jedoch etwas kleiner, ein bisschen runder und schwächer im Geschmack als die Marone.
Maronen sind eine Züchtung aus der Esskastanie
Wichtig ist, sie deutlich von der bitteren Rosskastanie abzugrenzen, denn die Rosskastanie ist für uns Menschen ungenießbar.
Welche Inhaltsstoffe hat die Edel- bzw. Esskastanie?
Für Botaniker ist die Esskastanie eine Nuss, allerdings enthält sie im Vergleich zu anderen Nüssen, wenig Fett. Wertvolle Kohlenhydrate, hochwertiges Eiweiß (Protein) und Ballaststoffe machen sie zu einem kostbaren Lebensmittel.
Durch Kochen oder Rösten werden die komplexen Kohlenhydrate (Stärke) der Esskastanie aufgeschlossen. Diese bewirken, dass der Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigt und man nach einer Mahlzeit mit Kastanien lange satt bleibt. Heißhungerattacken können mit diesem Nahrungsmittel wunderbar umgangen werden.
Mit ihren zahlreichen lebenswichtigen Mineralstoffen und Spurenelementen wie Kalium, Natrium, Calcium, Phosphor, Schwefel, Magnesium, etc. ist es kein Wunder, dass die Esskastanie früher als „Brot der Armen“ galt. Sie hat nahezu alles um eine Grundversorgung an wichtigen Nährstoffen abzudecken.
Im Rohzustand kann der Vitamin C Gehalt sogar mit dem der Zitrone mithalten5.

Maronen
Mein Lieblingsthema: ja, auch die Esskastanie hat Ballaststoffe. Sie sind nicht, wie manche meinen, „Ballast“ für den Körper.
Ja, es stimmt, sie können von unserem körpereigenen Verdauungssystem nicht abgebaut werden. Das übernehmen jedoch unsere Helfer im Darm: die Bakterien (Mikrobiom). Unsere Darmbakterien freuen sich immer, wenn sie ein 3-Gänge-Menü mit vielen Ballaststoffen serviert bekommen. Wie auch wir, möchten sie regelmäßig gefüttert werden und nicht nur 1x die Woche.
Gleichzeitig regen Ballaststoffe die Darmperistaltik, also die Darmbewegung, an. Je kürzer giftige Abfallprodukte in unserem Darm verweilen, desto weniger Schaden können sie anrichten. Deshalb kann ich es nicht oft genug wiederholen: esst viele Ballaststoffe! Aber trinkt auch genug, denn Ballaststoffe quellen im Darm auf.
Aufgrund eines niedrigen FODMAPS-Gehalts sind Esskastanien besonders für Patienten mit Reizdarm-Syndrom sehr zu empfehlen6.
Für Reizdarmpatienten besonders zu empfehlen!
Hervorzuheben ist ebenfalls der hohe Folsäuregehalt in Esskastanien, welcher vergleichbar mit dem Gehalt in grünem Blattgemüse ist. Wer seinen Folsäurehaushalt aufstocken will, sollte jedoch besser zu gerösteten als zu gekochten Esskastanien greifen7.
Mit ihren vielen wichtigen Inhaltsstoffen helfen Esskastanien bei allen „aufbauenden“ Zuständen, wie zum Beispiel bei Blutarmut, in der Genesungszeit, nach Krankheit oder Operationen und auch bei Stress.
Nährend und ausgleichend auf das Nervensystem wirkt diese Nuss dank ihrer vielen B-Vitamine und ihres Phosphor-Reichtums. Geistig und körperlich erschöpfte Menschen können von Maronen bzw. Esskastanien profitieren.
Wer mit viel Stress zu kämpfen hat, kann die Schokoladegetrost beiseitelegen und zur gerösteten Marone bzw. Esskastanie greifen!
Auch bei der Blutgerinnung hat sie eine günstige Auswirkung, weshalb nicht nur Schwangere besonders in den letzten Monaten vor der Entbindung ordentlich zugreifen dürfen, sondern ALLE Menschen.
Wie bereitet man Esskastanien zu?

Diese haarige Schicht kann beim Schälen sehr hartnäckig sein. Sie ist NICHT giftig! Wer also keine Lust hat diese mühselig zu entfernen, kann sie auch gerne dran lassen.
Esskastanien bzw. Maronen schmecken in ganz verschiedenen Variationen. Sie können gekocht oder gebraten werden, als Suppe verarbeitet oder als Füllung für die Weihnachtsganz verwendet werden. Maronen bzw. Kastanien machen sich auch super im Kartoffelbrei oder Selleriepüree – einfach 1:1 mischen. Auch das Kastanienmehl lässt sich sehr schön im Brot (wie in diesem Rezept), in Pfannkuchen oder anderen Backwaren einsetzen. Es gibt dem Ganzen noch eine leicht süßliche Note.
Wer es ganz klassisch mag, kann die Esskastanien zu Hause im Backofen zubereiten. Vorher sollte die Schale kreuzweise aufgeritzt werden damit der entstehende Wasserdampf entweichen kann. Nach ungefähr 20 bis 30 Minuten bei 200 Grad sollte die Schale aufgebrochen sein – das ist ein Zeichen, dass die Maronen fertig sind.
Nehme sie dann aus dem Ofen heraus und lasse sie kurz abkühlen. Schälen solltest du sie jedoch noch während sie warm sind, da sonst die zweite etwas haarige Schicht sehr hartnäckig klebt. Auch im warmen Zustand ist es manchmal schon schwierig diese zu lösen.
Aber Vorsicht, auch der Maronimann in der kleinen Hexe hat sich ständig die Finger verbrannt!
Zur Info: Die haarige Schicht kann man essen, sie ist nicht giftig, aber nicht jeder mag sie.
Rezept für Maronen-Marzipan-Pralinen
Dieses Rezept ist nicht nur an Weihnachten lecker! Die Marzipan-Rohmasse, welche im Idealfall selbstgemacht ist – Rezept dazu HIER – kombiniert mit Maronen ergeben eine unheimlich stimmige Komposition, bei der meiner Meinung nach kein weiteres Süßungsmittel nötig ist.
Vegan, glutenfrei und ohne Industriezucker! Auch bei Wahl der Schokolade kann auf Qualität geachtet werden, wodurch diese Pralinen sowohl für Naschkatzen als auch für den Körper sehr befriedigend wirken können!
Fazit
Waren Esskastanien früher das Brot der Armen, gehören sie jetzt zu den Feinschmecker-Lebensmitteln und sind entsprechend hochpreisig. Aber sie sind soooo lecker!
Zudem enthalten Maronen viele Mineralstoffe, Vitamine, hochwertiges Eiweiß, Ballaststoffe und komplexe Kohlenhydrate, was sie zu einem wertvollen Nahrungsmittel macht. Da sie von Natur aus glutenfrei sind, können sie in einer glutenfreien Ernährung eine wichtige Rolle spielen. Von einem gesunden Snack bis hin zur Zutat im Brot – diese Nüsse sind sehr vielfältig einsetzbar!
Hast du schon Mal Maronen oder Esskastanien probiert? Magst du sie? Wo verwendest du sie am liebsten?
Quellen
1https://www.sdw.de/projekte/baum-des-jahres/index.html
2https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/s-0034-1389249
3Lagoni, N. Samen der Rosskastanien in der Medizin. Beiträge zur Rosskastanie, LWF Wissen, 48, 69-72.
4Bachmann, C. (2017). Phytotherapie bei chronisch-venöser Insuffizienz: Wirksamkeit von rotem Weinlaub und von Rosskastanie klinisch belegt. Schweizerische Zeitschrift für Ganzheitsmedizin/Swiss Journal of Integrative Medicine, 29(4), 201-203.
5Barros, A. I., Nunes, F. M., Gonçalves, B., Bennett, R. N., & Silva, A. P. (2011). Effect of cooking on total vitamin C contents and antioxidant activity of sweet chestnuts (Castanea sativa Mill.). Food Chemistry, 128(1), 165-172.
6Prof. Ottmar Leiß (2016) FODMAP, W. FODMAPs und FODMAP-arme Ernährung beim Reizdarmsyndrom. VFED aktuell 155;8-16
7Folsäuregehalt geröstet, Folsäuregehalt gekocht und gedämpft
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