Die Verarbeitung von Lebensmitteln wird heutzutage eigentlich schon als Selbstverständlichkeit angesehen. Kaum ein Lebensmittel kommt unverarbeitet in den Supermarkt. Es gibt sogar Lebensmittel, von denen die wenigsten Menschen wissen, wie sie ursprünglich aussahen. So sind alltägliche Nahrungsmittel wie Weizen, Gerste und Roggen hauptsächlich nur als Mehl bekannt. Ob man die Pflanze dazu erkennen würde, ist fraglich.
Die Verarbeitung von Lebensmitteln hat durchaus ihre Vorteile. Die Nahrungsmittel sind länger haltbar, die Handhabung wird vereinfacht und was besonders in der heutigen Zeit wichtig ist: man kann Zeit sparen. Allerdings gibt es wie immer leider auch eine Kehrseite der Medaille. Bei der Verarbeitung verlieren die Nahrungsmittel nämlich wichtige Inhaltsstoffe wie Mineralstoffe, Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine. Diese braucht der Körper aber um seine Funktionen aufrecht zu erhalten und auch um die Verdauung voran zu treiben.
Ist die Verarbeitung von Lebensmitteln schlecht?
Die Verarbeitung der Lebensmittel kann man nicht generell verteufeln. Wie gesagt, es gibt auch durchaus positive Aspekte. Bei der Bewertung der Lebensmittel muss jedoch der Grad der Verarbeitung berücksichtigt werden. Ein Naturjoghurt beispielsweise ist zwar verarbeitet, aber durchaus gesund und darf gerne täglich verzehrt werden. Ein Erdbeerjoghurt dagegen sollte lieber die Ausnahme bleiben, da dieser viel Zucker enthält und häufig auch kaum bis gar keine Erdbeeren, sondern hauptsächlich Aromastoffe. Hier wird dem Körper vorgegaukelt er würde eine süße Erdbeere verzehren, jedoch kann der Körper hier weder sekundäre Pflanzenstoffe noch Mineralstoffe oder ähnliches heraus ziehen. Er findet hauptsächlich Zucker vor. Ähnlich wie beim bekannten „Wonderbra“. Dem Mann wird vorgegaukelt die Frau hätte eine große Oberweite und freut sich schon darauf. Beim Entkleiden muss er dann jedoch enttäuscht feststellen, dass die Dame ihm nur etwas vorgemacht hat.
In Bezug auf den Erdbeerjoghurt wird unser Körper nicht nur mit Enttäuschung auf diese Unwahrheit reagieren, sondern auf lange Sicht mit einem Mangel an Nährstoffen.
Da wäre es wesentlich gesünder und besser für den Körper sich den Naturjoghurt zu kaufen und die Erdbeeren selber hineinzuschneiden.
Das Problem liegt also nicht in der Lebensmittelverarbeitung selbst, sondern im Grad der Verarbeitung.
Als Lösung für das allgegenwärtige Problem des Übergewichts und den damit in Verbindung gebrachten chronischen Krankheiten wird immer auf eine „vollwertige Nahrung“ verwiesen.
Aber was heißt „vollwertige Nahrung“ im Hinblick auf verarbeitete Lebensmittel?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und auch die WHO versuchen gegen das Problem des Übergewichts anzugehen, in dem sie eine gesündere Lebensweise empfehlen. Dies beinhaltet eine vermehrte Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen und eine Reduzierung des Zuckerverzehrs. Bei den Empfehlungen werden die Nahrungsmittel in die großen Gruppen:
Kohlenhydrate
Eiweiße und
Fette
eingeteilt und durch Mengenangaben ergänzt.
Was aber bei den Empfehlungen außer Acht gelassen wird, ist der Grad der Verarbeitung des empfohlenen Lebensmittels.
Als ein Übergewicht fördernder Faktor wird häufig das Problem Fast Food genannt. Genauso ungesund sind industriell angefertigte Fertiggerichte, die nur noch erhitzt werden müssen bevor sie verzehrt werden können. Warum ist das so?
Der Grund hierfür liegt in den fehlenden Inhaltsstoffen, wie oben schon erwähnt, und dem viel zu hohen Gehalt an Zucker (Kohlenhydraten) oder Fett.
Was an erster Stelle in der Zutatenliste eines Nahrungsmittels auftaucht, ist am meisten enthalten!
Je verarbeiteter ein Lebensmittel ist, desto weniger vielfältige Inhaltsstoffe wie Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe sind enthalten. Diese braucht der Körper aber um die Verdauung und seine restlichen Funktionen aufrecht erhalten zu können.
Um den Grad der Verarbeitung bewerten zu können, wurden die Nahrungsmittel in diesem wie ich finde sehr treffenden Kommentar von Prof. Carlos A. Monteiro1 in drei Gruppen eingeteilt:
Gruppe 1 enthält die „minimal-verarbeiteten Lebensmittel“. Bei dieser Art der Verarbeitung gehen kaum Nährstoffe verloren und die Lebensmittel sind als solche noch erkennbar.
Diese Art der Verarbeitung hat die Vereinfachung der Handhabung oder die Sicherheit für den Verbraucher als Ziel (z.B. Pasteurisierung von Milch). So werden diese Lebensmittel zum Beispiel portioniert oder nicht essbare Bestandteile werden entfernt (z.B. bei Hülsenfrüchten oder Nüssen). Aber auch Trocknung, Fermentation, Einfrieren und ähnliche Prozesse werden hier hinzu gezählt. Dies findet unter anderem bei Hülsenfrüchten, frischem Fleisch, Milch, Früchten und Gemüse Anwendung.
Gruppe 2 beinhaltet Substanzen, die aus Nahrungsmitteln der Gruppe 1 gewonnen werden. Hier ist Öl oder andere Fette, Mehl, Stärke, aber auch Zucker zu nennen. Diese Nahrungsmittel werden meist nicht isoliert verwendet, sondern in Kombination mit anderen. So wird zum Beispiel Mehl mit Eiern und Wasser vermischt um Spätzle oder Kuchen herzustellen, oder es wird zum Panieren von Fleisch verwendet. Öl wird zum anbraten von Gemüse oder Fleisch/Fisch verwendet oder findet sich in der Salatsoße wieder. Mit anderen Worten: die Lebensmittel aus Gruppe 1 werden häufig mit Gruppe 2 ergänzt.
In Gruppe 3 sind Nahrungsmittel, die hauptsächlich aus Gruppe 2 entstehen. Diese werden als „Ultra-verarbeitete“ Nahrungsmittel eingestuft. Hier wird kaum Gruppe 1 vertreten sein. Nahrungsmittel aus Gruppe 2 werden mit Salz, Geschmackszusätzen und anderen Konservierungsstoffen ergänzt, manchmal auch mit Farbstoffen. Als Beispiel wäre hier zu nennen:
- Brot
- Kuchen / Kekse und andere Teilchen wie Croissants, Berliner oder ähnliches
- Süßigkeiten (Bonbons, Gummibärchen, etc.)
- Schokolade
- Eiscreme
- Frühstücksflocken wie beispielsweise Cornflakes, Schokopops, etc.
- Müsliriegel
- Chips
- sowie Fleischerzeugnisse wie Wurst, Fischstäbchen und ähnliches
- auch Getränke wie süße Limonaden und Fruchtsäfte gehören in diese Gruppe.
Ungeschälte, ganze Mandeln sind verarbeitet (Gruppe 1), aber nur so weit, dass sie für den Verbraucher angenehm zu verwenden sind. Ansonsten müssten wir nämlich erst die Nüsse sammeln und dann auch noch knacken. Besonders bei Mandeln ist das Knacken sehr aufwendig – ich spreche aus Erfahrung!
Gruppe 3 ist meiner Meinung nach eines der Hauptursachen für unser Übergewicht. Da ein Großteil unserer Ernährung aus diesen Nahrungsmitteln besteht, ist ein Ungleichgewicht aufgetreten. Wir nehmen zwar genug, oft sogar zu viel Energie (kcal) auf, allerdings sind es so genannte „leere Kalorien“.
Somit hungert unser Körper trotzdem, weil uns die Vitamine und Spurenelemente fehlen. Oder wir leiden z.B. an Verstopfungen, weil uns die Ballaststoffe fehlen. Da verhungert nicht nur der Körper, sondern auch die Bakterien, die in unserem Darm leben und wichtig für uns sind. Mehr zu unseren Darmbewohnern findet ihr hier, hier und hier.
Zu allem Überfluss sind es auch gerade diese Lebensmittel, die uns ständig unter die Nase gerieben werden. Es werden nur diese Produkte beworben, da hier der größte Gewinn erzielt werden kann.
Kartoffeln oder Möhren sind in keiner Werbung als isoliertes, natürliches Produkt zu finden!!!
Wenn Kartoffeln doch mal in der Werbung zu sehen sind, dann immer in verarbeiteter Form: als Chips, im Auflauf mit einer Tütensoße angerührt oder zum Beispiel als Pommes.
Aber auch der Supermarkt besteht hauptsächlich aus verarbeiteten Produkten. Der frische Gemüseanteil ist verschwindend gering. Pro Gemüseart ist meistens nur eine Sorte vertreten. So gibt es zum Beispiel nur eine Sorte Möhren, eine Sorte Gurke (in gut sortieren Biomärkten gibt es manchmal noch die Landgurken neben den Schlangengurken), wenn man Glück hat 2 oder 3 Sorten Salat.
Schaut man sich aber bei den verarbeiteten Produkten um, so stellt man fest, dass es alleine von Chips mindestens 5 verschiedene Ausführungen gibt. Ob geriffelt oder nicht, mit Paprika, Cheese & onion oder anderen Geschmacksrichtungen. Ähnlich verhält es sich bei den Cerealien.
Wie sollen wir mit den verarbeiteten Lebensmitteln umgehen?
Wie immer gilt auch hier: alles in Maßen!!! Verarbeitete Lebensmittel aus Gruppe 3 können gerne MAL verspeist werden, aber nicht ständig. Die Priorität sollte auf den Lebensmitteln aus Gruppe 1 liegen. Ähnlich wie bei den Diätprodukten ist auch hier vorrangig das Ziel der Hersteller die Lebensmittel zu verkaufen und damit Geld zu verdienen. So werden laufend neue Produkte entwickelt, die teilweise uns Verbraucher ganz schön hinters Licht führen können. Die Entwicklung neuer verarbeiteter Lebensmittel nennt man Food Design. Die Gesundheit des Konsumenten spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. Dies muss uns bewusst sein, wenn wir in den Supermarkt gehen.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf wünsche ich viel Spaß beim Einkaufen!
Quellen
1 Carlos A. Monteiro (2009). Nutrition and health. The issue is not food, nor nutrients, so much as processing. Public Health Nutrition, 12, pp 729-731. doi:10.1017/S1368980009005291