Mit dem Herbst kommen auch die süßen, knackigen, köstlichen Weintrauben. Sehr viele Trauben werden mit „kernlos“ beworben, da wir Verbraucher die Kerne häufig als „lästig“ empfinden. Inzwischen muss man schon fast suchen, wenn man Trauben MIT Kernen haben möchte.
Doch was hat es mit kernlosen Trauben auf sich? Handelt es sich um eine spezielle Züchtung oder kommen diese auch in der Natur vor? Sind sie genetisch modifiziert? Gibt es vielleicht auch Nachteile, wenn Kerne fehlen?
Warum bilden Pflanzen Früchte?
Zuerst sei gesagt, dass nicht alle Pflanzen Früchte bilden. Man spricht nur bei Bedecktsamern (Angiospermen) von Früchten, wo die Samenanlagen im Fruchtknoten eingeschlossen sind.
Nacktsamer (Gymnospermen) sind viel älter und haben im Gegensatz zu den Angiospermen (Bedecktsamern) noch keinen Fruchtknoten, in dem sich die Samen entwickeln können und bilden daher auch keine Früchte. Zu den Nacktsamern (Gymnospermen) gehören unter anderem die Koniferen, die landläufig auch als Nadelbäume (Fichte, Kiefer, etc.) bekannt sind.
Es gibt Bedecktsamer und Nacktsamer
Konifere heißt übersetzt „Zapfenträger“. Sehr viele Nadelbäume haben ihre Fortpflanzungsorgane an Zapfen sitzen. Häufig gibt es „männliche“ und „weibliche“ Zapfen, die sich aber meist am selben Baum befinden. In den männlichen Zapfen wird der Pollen zur Windbestäubung gebildet, in den weiblichen Zapfen findet die Befruchtung statt und der Samen reift in ihnen heran. Unter jeder kleinen Schuppe sitzt ein einzelnes Samenkorn, welches nach dem Öffnen der Schuppe freigelegt wird.
Nur bei Bedecktsamern spricht man von Früchten
Die meisten Angiospermen (Bedecktsamer) haben in einer Blüte männliche und weibliche Fortpflanzungsorgane vereint: der weibliche Fruchtknoten und das männliche Staubblatt. Nach der Befruchtung wächst der Samen dann geschützt im Fruchtknoten heran. Dies ist eines der Hauptunterschiede zu den Nacktsamern: der geschlossene Fruchtknoten, der sich zur Frucht ausbilden kann. Sehr viele Früchte kann man essen, wie beispielsweise Äpfel, Pflaumen/Zwetschgen, Johannisbeeren oder auch Pfirsiche.
Die Frucht schützt den Samen
Die Früchte, egal wie sie aussehen oder ob man sie essen kann oder auch nicht, haben alle ein gemeinsames Ziel: sie schützen den Samen und den Embryo (Keimling), der für den Fortbestand der Pflanzenart sorgt. Die Frucht ist also eine Schutzhülle, dient aber auch zur Verbreitung des Samens.
Die Früchte können ganz unterschiedlich aussehen. Es gibt bunte, fleischige Früchte, welche Tiere oder uns Menschen anlocken sollen. Aber auch festere, wie zum Beispiel die Nussfrucht. Die Frucht wird verzehrt und der unversehrte Samen wird an einer anderen Stelle ausgeschieden.
Es gibt aber auch Samen, die durch die Luft verbreitet werden. Manche werden förmlich aus Kapseln heraus katapultiert, andere wiederum sind leicht genug, um mit dem Wind zu schweben oder „kletten“ sich an Tierfelle um so möglichst weit entfernt von der Mutterpflanze gedeihen zu können.
Die Natur ist da wirklich sehr vielfältig, wenn es um die Verbreitung der Samen geht. Immer wieder spannend, finde ich.
Gibt es kernlose Trauben in der Natur?
Zurück zu den Trauben: da die Kerne (Samen) bei Trauben bekanntlich der Fortpflanzung dienen, stellt sich die Frage, ob die kernlosen Trauben aus Menschenhand entstanden oder ob sie tatsächlich auch in der Natur vorkommen. Weiterhin ist die Frage, wie die kernlosen Weintrauben überhaupt angebaut werden können.
Doch Trauben sind nicht die einzigen Früchte, die inzwischen ohne Kerne sind. Bananen, die wir in Supermärkten kaufen, beispielsweise sind ebenfalls kernlos. Die Vorfahren der Bananen sahen ganz anders aus: sie hatten dicke ungenießbare Kerne.
Kernlose Trauben sind nicht fortpflanzungsfähig
Kernlose Trauben kommen durchaus in der Natur vor, allerdings handelt es sich dabei um eine Mutation, die eine weitere Fortpflanzung verhindert. Ohne menschliches Zutun wären kernlose Trauben nicht fortpflanzungsfähig.
Vegetative Fortpflanzung
Der Mensch hat schon sehr früh festgestellt, wie man kernlose Trauben trotzdem vermehren kann. Dies geschieht durch sogenannte „vegetative“ Techniken. Stecklinge oder Ableger kann man bewurzeln lassen, indem man den unteren Teil des abgeschnittenen Zweiges (er sollte Knospen enthalten) einfach in Wasser stellt. Wurzeln werden gebildet und im Frühjahr kann dieses abgeschnittene Pflanzenteil dann in den Boden gepflanzt werden. So lassen sich beliebig viele genetisch identische Klone einer Ursprungspflanze erzeugen.
Der Vorteil der vegetativen Fortpflanzung ist, dass man tatsächlich einen Klon hat. Allerdings hat man dann weniger Vielfalt. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung gibt es immer wieder neue Kombinationsmöglichkeiten, ähnlich wie bei der menschlichen Fortpflanzung. Kein Kind gleicht dem anderen, auch wenn sie dieselben Eltern haben. Die Vielfalt birgt natürlich immer das Risiko, dass auch mal schwächere Nachkommen produziert werden, welche bei der Pflanzenzucht nicht erwünscht sind. Bei der vegetativen Vermehrung weiß man was man bekommt, nämlich einen Klon.
Es gibt auch noch weitere Methoden eine Pflanze vegetativ, das heißt ungeschlechtlich, zu vermehren. Zum Beispiel gibt es die Veredelung, wobei vereinfacht gesagt ein abgeschnittener Pflanzenteil auf den Wurzelteil einer anderen Pflanze „transplantiert“, bzw. „aufgepfropft“ wird.
Im Weinbau ist die vegetative Fortpflanzung quasi Standard
Im Weinbau erfolgt das Produzieren von Rebstöcken prinzipiell auf vegetativem Weg. Die Reben sind in der Regel vegetativ vermehrte Kopien bestimmter Rebsorten, die sich bewährt haben. So gelingt es am besten neue Reben mit denselben Charaktereigenschaften der Mutterrebe zu erzeugen und geht kein großes Risiko ein, was die genetische Vererbung betrifft.
Welche Auswirkungen hat das Fehlen der Kerne noch?
Dass kernlose Trauben nicht fortpflanzungsfähig sind, haben wir jetzt erläutert. Aber es gibt noch einen weiteren wichtigen Punkt: Kerne stoßen Hormone aus, die das Wachstum der Trauben anregen. Da diese fehlen, sind kernlose Trauben in der Regel deutlich kleiner.1;2
Kerne bewirken größere Trauben
Aber auch hier hat man sich etwas einfallen lassen: das Pflanzenhormon Gibberellinsäure wird während der Wachstumsphase auf die kernlosen Trauben gespritzt. So werden die Trauben zum einen größer und zum anderen fördert dieses Hormon das Stängelwachstum, sodass die Beeren nicht zu eng wachsen, ihre erwünschte Größe erreichen und nicht zu schnell verderben.1;2
Viele Antioxidantien und sekundäre Pflanzenstoffe, sind in der Haut, aber auch in den Kernen der Trauben gespeichert. Resveratrol und OPC (Oligomere Proanthocyanidine) beispielsweise gehören zu der Gruppe der Polyphenole. Sie sollen entzündungshemmend und gegen freie Radikale wirken. Somit schützen sie unter anderem vor Herzkreislauferkrankungen, vor Hautkrankheiten, vor Krebs und Tumorerkrankungen und verlangsamen den Alterungsprozess (Anti-aging-Effekt).3;4
Kurz gefasst: uns entgehen viele schöne Wirkstoffe, wenn die Kerne fehlen. Allerdings muss man fairerweise auch sagen, dass die Kerne dann tatsächlich gekaut werden müssten, wenn man an die Inhaltsstoffe gelangen wollte. Denn sonst werden sie meist unversehrt wieder ausgeschieden – das ist schließlich ihre Art sich zu verbreiten (siehe weiter oben).
Sind kernlose Trauben gentechnisch verändert?
Eigentlich könnte man diese Frage mit nein beantworten, weil kein Mensch auf DNA Ebene Gene eingefügt hat. Die Trauben sollten, wenn es nicht anders vermerkt ist, alle aufgrund von Züchtungen entstanden sein. Bei der Züchtung wird selektiert.
Allerdings ist diese Grenze, wann etwas gentechnisch verändert ist und wann nicht, für manche Menschen sehr schwammig. Es gibt die Auffassung, dass auch solche Züchtungen unnatürlich seien, da sie in der Natur so nicht vorkommen würden. Wann Gentechnik beginnt, muss jeder für sich entscheiden.
Fazit
Kernlose Trauben gibt es tatsächlich in der Natur, allerdings nicht in den Mengen, in denen wir sie im Supermarkt erwerben können. Ohne menschliches Zutun würden sich diese Trauben gar nicht fortpflanzen.
Ob man Trauben mit oder ohne Kerne bevorzugt, sollte jeder selbst entscheiden. Egal wie die Entscheidung ausfällt – Trauben sind ein perfekter Snack für Zwischendurch!
Quellen
1Dokoozlian, N. K., & Peacock, W. L. (2001). Gibberellic acid applied at bloom reduces fruit set and improves size of’Crimson Seedless‘ table grapes. HortScience, 36(4), 706-709.
2Casanova, L., Casanova, R., Moret, A., & Agustí, M. (2009). The application of gibberellic acid increases berry size of“ Emperatriz“ seedless grape. Spanish Journal of Agricultural Research, 7(4), 919-927.
3Bertelli, A. A., & Das, D. K. (2009). Grapes, wines, resveratrol, and heart health. Journal of cardiovascular pharmacology, 54(6), 468-476.
4Leifert, W. R., & Abeywardena, M. Y. (2008). Cardioprotective actions of grape polyphenols. Nutrition Research, 28(11), 729-737.
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