Es ist Frühjahr, die Natur beginnt zu grünen und manch einer meint sich auf den Sommer mit einer „Reinigung des Körpers“ vorbereiten zu müssen. Ob dies aus religiösen oder aus anderen Gründen praktiziert wird, ist jedem selbst überlassen.
Was man jedoch vermehrt sieht sind Hersteller, die für teures Geld Säfte oder Tees mit dem Stichwort „entgiftend“ oder „detox“ verkaufen. Mit Hilfe einer bekannten Persönlichkeit, die für Werbezwecke über „ihre“ positiven Erfahrungen berichtet oder einem Aufruf zur „Detox-Challenge“ über die sozialen Medien scheint es ein lukratives Geschäft zu sein.
Was ist dran an diesem „Reinigungswahn“? Können diese teuren Saftlieferungen tatsächlich den Körper reinigen oder ist es eigentlich nur eine weitere „Crash-Diät“?
Was bedeutet „detox“?
Das Wort „detox“ kommt aus dem Englischen und ist die Kurzform von „detoxification“, was Entgiftung bedeutet.
Mit einer sogenannten „Detox-Kur“ soll der Körper von verschiedenen Giftstoffen, manchmal ist auch die Rede von Schlackestoffen, befreit werden. Dazu wird für eine bestimmte Zeit auf feste Nahrung verzichtet und nur Flüssiges (Wasser, Tee, Saft/Smoothie, Brühe) zu sich genommen.
Der Ursprung dieser Kuren liegt im Fasten, was früher aus religiösen Beweggründen praktiziert wurde. Da ging es teilweise auch um die „Reinigung“ der Seele und Psyche.
Der natürliche Entgiftungsprozess des Körpers kurz und knapp erklärt
Normalerweise sorgt deine Leber in Zusammenarbeit mit den Nieren dafür, dass dein Körper nicht mit giftigen Stoffen überschwemmt wird.
Ohne die Leber würden wir sicherlich nicht lange überleben, denn tagtäglich wird sie mit einer Menge Stoffe konfrontiert – darunter auch toxische (=giftige). Diese gefährlichen Stoffe sind teilweise Bakteriengifte, Fäulnisprodukte, aber auch Stoffe wie Arzneimittel, Alkohol, Drogen, Zusatzstoffe aus Nahrungsmitteln (oder auch aus Pflegeprodukten) und chemische Rückstände in sowohl pflanzlichen als auch tierischen Produkten. Umweltgifte und Abgase, die über Haut, Nase oder auf anderen Wegen in den Körper gelangen, filtert die Leber heraus oder baut sie so um, dass sie schnellst möglich ausgeschieden werden. Sie sorgt dafür, dass wir uns nicht selber vergiften.
Äußere Umstände wie Stress, mangelhafte Ernährung und wenig Bewegung können es der Leber sehr schwer machen ihre heldenhafte Arbeit durchzuführen. Dennoch gibt sie jeden Tag ihr Bestes! Sie arbeitet leise und ohne sich zu beschweren. Von ihren Problemen erfahren wir meistens erst, wenn sie schon sehr lange gelitten hat.
Aber auch der Magen-Darm-Trakt, die Lunge und die Haut spielen eine Rolle, wenn der Körper eine ungewollte Substanz loswerden möchte. Je nachdem um welchen Stoff es sich handelt, wird ein unterschiedlicher „Entgiftungsweg“ angesteuert.
Ein Beispiel: soll etwas über die Nieren ausgeschieden werden, MUSS es wasserlöslich sein. Gelingt es dem Körper nicht den Stoff so umzubauen, dass es wasserlöslich ist, muss ein anderer Weg gefunden werden.
Warum eine Entgiftungskur?
Unser Körper kann sich mit Hilfe von Leber und Nieren sehr wohl selber „entgiften“. Es ist quasi sein tägliches Brot. Dennoch gibt es Stimmen, die meinen man müsste 1 oder 2 Mal im Jahr eine „Entgiftungskur“ machen.
Von welchen „Giften“ konkret man sich befreien müsste, wird jedoch oft nicht definiert.
Wie sieht so eine Entgiftungskur aus?
Es gibt verschiedene Ansätze wie so eine Kur aussehen kann. Manche verzichten komplett auf Nahrung und greifen nur auf Tees zurück, andere wiederum trinken Säfte. Es gibt auch Ansätze bei denen eine eingeschränkte Nahrungszufuhr erlaubt ist.
Was auf nahezu alle Entgiftungskuren zutrifft ist der zeitweise Verzicht auf feste Nahrung (oder nur sehr eingeschränkte Nahrungsaufnahme). Nur Flüssiges ist erlaubt. Währenddessen wird in gewissen Abständen mit Abführmitteln der Darm entleert und teilweise auf Mineralstoffpräparate und Vitaminpräparate zurückgegriffen.
Erinnert auf den ersten Blick ein bisschen an eine sogenannte „Crash-Diät“ bei der viel Gewicht in möglichst kurzer Zeit verloren werden soll, finde ich.
ABER Entgiftungskuren sollen in erster Linie NICHT dem Abnehmen dienen, sondern den Körper reinigen. Das Abnehmen ist ein schöner Nebeneffekt, aber nicht Ziel der Sache, so wird es zumindest beworben.
Hinweis: „Detox“ bzw. Entgiftungskuren oder Fastenkuren sind kein fest definierter Begriff. Manche reden auch von Entgiftung, wenn sie einen Alkohol- oder Drogenentzug machen. Der Begriff hat eine vielfältige Reichweite und wird auch manchmal in sehr kreativen Zusammenhängen genutzt.
Interessant…
Entgiftungskuren sind also nicht zum Abnehmen gedacht – allerdings wird man unweigerlich abnehmen, da man keine (oder deutlich weniger) Nahrung zu sich nimmt. Auch wenn es nicht als „Ziel“ definiert wird, wird der Umstand des Abnehmens häufig sehr in den Mittelpunkt der Werbung dieser Kuren gerückt – meiner Meinung nach. In unserer heutigen Gesellschaft ist das sicherlich nicht das Schlimmste, wenn man sich überlegt wie viele übergewichtige Menschen um uns herumgeistern. Allerdings führt ein kurzzeitiger Verzicht auf Nahrung zu keinem langfristigen Ziel.
Interessanterweise werden jedoch auch schlanke Leute von diesen Entgiftungskuren angezogen, da sie der Gesundheit dienen sollen. Die „Essenspause“ kombiniert mit moderater Bewegung soll vor verschiedenen chronischen Krankheiten vorbeugend schützen. Bei vielen Programmen geht es nicht nur darum, dass der Körper, sondern auch Psyche und Geis tentgiftet werden.
Also doch nur eine Extremdiät?
Was sagt die Wissenschaft?
Fastenkuren sind eigentlich nichts Neues. Früher fastete man aus religiösen Beweggründen, heute (meistens) aus gesundheitlichen. Durch den Verzicht auf Nahrung soll der Körper neue Energie schöpfen und sich von „Ballast“ befreien können.
Detox-Kuren gründen auf der Annahme, dass sich Chemikalien fein säuberlich in „gute“ und „schlechte“ einteilen lassen und man gezielt die „schlechten“ loswerden kann. In Wahrheit ist die überwiegende Mehrheit der Stoffe jedoch nicht grundsätzlich schlecht, sondern die Dosis macht das Gift1. Auch wird nicht konkret definiert welche Giftstoffe oder welcher „Ballast“ eliminiert werden soll. Auf welchem Wege die giftigen Stoffe entfernt werden sollen ist ebenfalls unklar, weshalb es sehr schwierig ist das Ganze wissenschaftlich zu untersuchen1.
Was allerdings sowohl bei Detox-Kuren als auch bei jeder anderen „Null-Diät“ passiert, ist eine Umstellung des Stoffwechsels. Ohne Nahrung greift der Körper seine Fettreserven an um die benötigte Energie zu bekommen.
Dabei können eingelagerte Umweltgifte freigesetzt werden2;3 – wie ein altes T-Shirt, welches man nach Jahren hinten aus dem Schrank zieht. Es gilt nun diese freigesetzten Gifte tatsächlich aus dem Körper zu befördern und dafür zu Sorgen, dass der Körper sie nicht an einer anderen Stelle wieder einlagert. Ähnlich wie beim T-Shirt, das man besser wegschmeißen sollte, anstelle es einfach an einer anderen Stelle im Schrank zu deponieren.
Wie man dies am Besten tut, wird noch erforscht3. Man ist sich des „Problems“ bewusst, aber es sind noch unheimlich viele Fragen offen.
Zusammenfassend kann man also sagen: beim Abnehmen werden giftige Stoffe ins Blut freigesetzt, das sieht auch die Wissenschaft so, allerdings passiert dies sowohl bei Detox-Kuren als auch bei jeder anderen Abnehmdiät.
Die Frage ist nur, wie man mit diesen Stoffen am besten umgeht.
Was tun?
Wir wissen, dass wir täglich viele verschiedene Giftstoffe aufnehmen. Die Frage ist nur: helfen wir unserem Körper tatsächlich indem wir auf Nahrung eine Zeitlang komplett verzichten? Entgiftet der Körper in dieser Zeit mehr oder scheidet er weiterhin nur das aus, was er sowieso ausgeschieden hätte?
Die Frage ist schwierig zu beantworten. Von der Wissenschaft gibt es noch keine eindeutige Aussage, da dieser Vorgang sehr komplex und schwierig ist.
Zum jetzigen Zeitpunkt muss das jeder für sich entscheiden. Es gibt schließlich viele aus Erfahrung sprechende Menschen, die auf ihre Entgiftungskur „schwören“ – wie auch immer sie aussehen mag. Manche nutzen diese „Essenspause“ auch als Einschnitt um eine neue Angewohnheit einzuführen, wie zum Beispiel weniger Zucker zu essen oder auf Kaffee zu verzichten.
Warum nicht?!
Wenn es einem gut tut und man sich damit identifizieren kann, ist das völlig in Ordnung! Ich setze bei dieser Aussage voraus, dass man nur über einen definierten Zeitraum auf Nahrung verzichtet.
Es ist auch wichtig, dass man nicht blind eine Fastenkur zu Hause durchführt ohne sich vorher ausführlich zu informieren! Bedenke immer, dass dein Körper trotzdem Mineralstoffe und Vitamine benötigt! Ohne diese könnte weder der Stoffwechsel noch die „Entgiftung“ funktioneren! Denke auch nochmal an die wichtige Rolle der Antioxidantien!
Es gibt viele Punkte zu beachten, von daher rate ich wirklich: informiere dich vorher!
Aber lass‘ dich nicht über den Tisch ziehen
In dem großen Dschungel an Informationen, Werbung und Empfehlungen sollte man trotzdem seinen gesunden Menschenverstand nutzen.
Kaufe nicht jedes Produkt nur weil mit „Entgiftung“ oder „Detox“ geworben wird. Auch Angebote zu begleiteten Fastenkuren in Hotels oder Ähnlichem überprüfen! Vielleicht kann man im Bekanntenkreis Erfahrungen austauschen bevor man bucht – immerhin sind diese Angebote meist nicht billig! Dabei zahlt man viel Geld und bekommt nicht mal etwas zu Essen! ;)
Diese „Entgiftungsindustrie“ ist sehr lukrativ. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich da auch „schwarze Schafe“ einmischen und ebenfalls etwas verdienen wollen.
Auch bei Produkten im Supermarkt solltest du dich nicht von dem Mode-Wort „Detox“ blenden lassen. Schau lieber mal, ob der Kräutertee daneben nicht ähnliche Zutaten enthält und vielleicht sogar deutlich billiger ist – oder du mischst dir deinen Tee selbst.
Säfte kann man sich ebenfalls wunderbar selber zu Hause herstellen. Warum auf teure Mischungen, die haltbar gemacht werden müssen zurückgreifen, wenn ich sie frisch zubereiten kann? Da weiß ich wenigstens was tatsächlich in meiner Flasche drin ist.
Fazit
Es gibt viele Menschen, die mit Fastenkuren gute Erfahrungen gemacht haben. Für sie ist das ein wichtiges Ritual was jährlich wiederholt wird. Wer sich während der Kur und auch danach gut oder besser fühlt, soll es gerne fortführen.
Ich denke solange du auf deinen Körper hörst und dich wohlfühlst, kann es dir egal sein was die Wissenschaft dazu sagt! Wenn es für dich passt, ist das super!
Wer allerdings der Meinung ist, dass er sich das ganze Jahr über schlecht ernähren kann und dann mit einer oder zwei Kuren im Jahr seinem Körper etwas Gutes tut, der ist auf dem Holzweg. Auch außerhalb der „Kurzeiten“ muss man lieb zu seinem Körper sein!
Man kann auch täglich mit „kleinen“ Aktionen seinem Körper bei der Entgiftung helfen, wie zum Beispiel frisches Obst und Gemüse zu essen (8 Tipps für mehr Gemüse im Alltag), viele Ballaststoffe, verschiedene Kräuter und Gewürze zu verwenden und viel (stilles) Wasser zu trinken (Ist Leitungswasser bedenkenlos trinkbar?).
Wie sieht es bei dir aus? Sind Fasten- und Entgiftungskuren dein Ding? Oder denkst du dein Körper kommt alleine klar und braucht keine Unterstützung?
Ich freue mich auf eure Kommentare!
Quellen
1Klein, A. V., & Kiat, H. (2015). Detox diets for toxin elimination and weight management: a critical review of the evidence. Journal of Human Nutrition and Dietetics, 28(6), 675-686
2La Merrill, M., Emond, C., Kim, M. J., Antignac, J. P., Le Bizec, B., Clément, K., … & Barouki, R. (2013). Toxicological function of adipose tissue: focus on persistent organic pollutants. Environmental Health Perspectives (Online), 121(2), 162.
3Rouhou, M. C., Karelis, A. D., St-Pierre, D. H., & Lamontagne, L. (2016). Adverse effects of weight loss: Are persistent organic pollutants a potential culprit?. Diabetes & Metabolism, 42(4), 215-223.