Der Jahreswechsel liegt nun hinter uns und auch wenn es bei dem Schneechaos im Süden Deutschlands noch in weiter Ferne scheint, nähern wir uns mit großen Schritten dem Sommer.
Dann heißt es: pack deine Bikini-Figur aus!!! Oh je, Panik! Der Verstand weiß natürlich, dass man bereits JETZT mit Sport und der Ernährungsumstellung beginnen sollte, aber zum Abnehmen braucht es Disziplin UND Durchhaltevermögen. Wie schön wäre es doch, wenn man einfach normal weiteressen könnte!
Die Werbung hat eine Lösung für uns: Light Produkte! Abnehmen ohne Verzicht und Mühe soll möglich sein, da Light-Produkte wie das „Original“ schmecken, aber fett- oder kalorienärmer sind, was zu Gewichtsverlust führt – behauptet zumindest die Werbung.
Scheinbar geht die Strategie der Reklame auf, denn laut einer Ernährungsstudie der Techniker Krankenkasse lassen sich ein Viertel der Deutschen von dem Begriff „light“ anlocken und greifen regelmäßig zum vermeintlich „leichteren“ Produkt6.
Ist es wirklich so leicht abzunehmen? Sind Light-Produkte überhaupt sinnvoll oder ist es wieder nur eine „Irreführung“ der Lebensmittelindustrie?
Der schwere Irrtum mit den „leichten“ Produkten
Egal ob es um Kekse, Käse, Wurst, Joghurt, Chips, Müsli oder andere industriell hergestellten Nahrungsmittel geht, überall sind auf Verpackungen Aussagen wie „weniger Fett“, „fettarm“, „light“ oder ähnliches anzutreffen. Mal soll der Fettgehalt niedriger sein, es kann jedoch auch der Zucker- oder Kaloriengehalt gemeint sein. Diese sogenannten „Health Claims“ sollen dem „Verbraucher eine Hilfestellung bei der Lebensmittelauswahl“ sein – so schreibt es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung1.
Doch ist das fettreduzierte Produkt tatsächlich besser bzw. gesünder?! Ist es eine gute Entscheidung zu diesem „leichteren“ Produkt zu greifen anstelle des herkömmlichen?
Im ersten Moment mag das so scheinen. Der Joghurt mit 1,5% Fett muss doch eigentlich weniger Kalorien haben als der „normale“ Joghurt mit 3,8% Fett, oder nicht?! Die fettreduzierte Wurst ist doch sicherlich auch gesünder?!
Leider nein!
Besonders am Fettgehalt wird gerne „herumgespielt“, da sich der Mythos, dass Fett dick mache immer noch hartnäckig hält. Doch sollte man immer ganz genau hinschauen. Oft ist der Kaloriengehalt gar nicht geringer.
Nehme dir beispielsweise mal Naturjoghurt mit 0,1% Fett, 1,5% Fett und 3,8% Fett von derselben Marke und vergleiche die Nährwerttabellen. Der mit dem geringsten Fettanteil wird den höchsten Kohlenhydrat bzw. Zuckeranteil haben. Die Kalorienmenge pro 100 g unterscheidet sich meistens nur sehr wenig.
Weniger Fett bedeutet nicht automatisch weniger Kalorien
Das Problem ist nämlich: das Produkt muss ja trotzdem schmecken und die Konsistenz muss stimmen, sonst wird es vom Endverbraucher nicht gekauft. Bleiben wir beim Beispiel mit dem Naturjoghurt: der fettreduzierte Joghurt sollte trotzdem schön cremig sein. Das geht jedochr nur, wenn Zusatzstoffe wie Stabilisatoren und Verdickungsmittel hinzugefügt werden. Schmecken soll es ja auch, also wird Zucker (oder ähnliches) hinzugefügt. Ähnlich sieht es bei der Wurst aus. Im Endeffekt wird der Fettanteil zwar reduziert, aber der Kohlenhydratanteil steigt dabei. Die Kalorienzahl ändert sich folglich kaum.
Zutatenliste und Nährwerttabelle aufmerksam studieren!
Überdies sollte man sich eine weitere Frage stellen: ist Fett alleine schuld an unserem Übergewicht?!
Wir müssen bedenken: anders als unser „light-gläubiger” Verstand lässt sich unser Magen nicht von solchen Aufschriften betrügen. Fett macht lange satt und Fett lässt unseren Insulinspiegel nicht so hoch schnellen. Wird Fett also mit Kohlenhydraten ersetzt, hat dies wiederum einen Einfluss auf unseren Insulinspiegel. Ein hoher Insulinspiegel bewirkt, dass wir schneller wieder hungrig sind und hemmt die Fettverbrennung. (Mehr zu der Frage: Was macht uns dick?)
Im Endeffekt ersetzen wir also nur das Eine mit dem Anderen. Solange nicht bewiesen ist, dass Fett an unserem Übergewicht Schuld ist, haben wir also nichts gewonnen.
Mythos: Fett macht dick
Vorurteile sind schwer aus der Welt zu schaffen und genauso ist es auch beim Fett. Alleine die Beschriftung, dass ein Produkt fettreduziert sei, lässt unser Gehirn denken es wäre gesünder7. In einer Studie sollten Probanden drei verschiedene Nahrungsmittel bewerten (Käse, Joghurt und etwas auf Tofu-Basis). Jedes Nahrungsmittel gab es mit der Aufschrift „hoher Fettgehalt“, „normaler Fettgehalt“ und „niedrigerer Fettgehalt“. Interessanterweise werteten die Probanden den Geschmack des Produkts mit der Aufschrift „niedrigerer Fettgehalt“ als fad und nicht so lecker. Jedoch gaben sie an eher das Produkt mit „niedrigem Fettgehalt“ zu kaufen, als das mit der Aufschrift „normal“ oder „hoher Fettgehalt“7.
In Wirklichkeit war der Fettgehalt in allen Proben gleich. Es ist immer wieder erstaunlich wie sehr man uns manipulieren kann.
Dass Fett dick mache, ist immer noch ein weit verbreiteter Mythos (auch unter Ärzten).
Macht Fett wirklich dick?
Genauso wenig wie es DAS Superfood gibt, kann man auch KEIN Nahrungsmittel (oder ein Bestandteil) als den absoluten „Buh-Mann“ dahinstellen. Wie immer kommt es auf die Menge und die Zusammensetzung der Ernährung an.
Es ist auch nicht belegt, dass gesättigte Fettsäuren dem Herzen schaden2;3 (mehr dazu HIER). Folglich kann man nicht sagen, dass Sahne, Butter, Kokosfett, etc. generell schlecht wären.
Auch ein Zuviel an den vermeintlich gesunden Pflanzenölen wie Sonnenblumen-, Maiskeim-, oder Distelöl können ungesunde Auswirkungen haben. Diese enthalten nämlich viele Omega-6-Fettsäuren, welche – im Übermaß genossen – mehr entzündungsfördernde Stoffe im Körper entstehen lassen.
Fett ist lebenswichtig
Unser Körper braucht Fett. Fett wird in jeder einzelnen Zelle benötigt. Sowohl gesättigte als auch ungesättigte Fettsäuren werden an den verschiedensten Stellen im Körper eingebaut. Was beim Fett ausschlaggebend ist, ist vielmehr das Verhältnis der unterschiedlichen Fettsäuren (mehr dazu HIER und HIER).
Wie sieht es mit trans-Fettsäuren aus?
cis-Konfiguration: Wasserstoffatome befinden sich auf der gleichen Seite
Womit unser Körper vermehrt Schwierigkeiten hat, sind die chemisch veränderten Sachen, wie zum Beispiel trans-Fettsäuren. trans-Fettsäuren sind ungesättigte Fettsäuren mit einer oder mehreren Doppelbindungen in trans-Konfiguration.
Für trans-Fettsäuren sind keine positiven Funktionen bekannt
In der Natur liegen ungesättigte Fettsäuren hauptsächlich in cis-Konfiguration vor. Durch verschiedene Prozesse (Hydrierung, Isomerisierung) kann es zu einer Veränderung der Konfiguration der Doppelbindungen kommen, wodurch die trans-Konfiguration entstehen kann. Natürlicherweise kommen diese in geringen Mengen in Milchprodukten vor, da diese von Bakterien im Pansen von Wiederkäuern hergestellt werden. Es gibt Studien, die zu dem Schluss kommen, dass die natürlichen trans-Fettsäuren keine negativen Auswirkungen auf den Körper haben2;4;5. Nach Meinung der Experten kann der menschliche Körper mit diesem Anteil an Transfetten leben. Darüber hinaus sind nur sehr geringe Mengen in den natürlichen Produkten enthalten.
trans-Fettsäuren sind schädlich für unser Herzkreislaufsystem
trans-Konfiguration: Wasserstoffatome befinden sich auf entgegengesetzten Seiten
Die Wissenschaft scheint sich aber einig zu sein, dass trans-Fettsäuren aus industriell gehärteten Fetten schädlich für unser Herzkreislaufsystem sind2. Eine Deklarationspflicht für trans-Fettsäuren gibt es in Deutschland jedoch nicht, es muss lediglich auf „gehärtete Fette“ hingewiesen werden. Das heißt: sobald man auf der Verpackung etwas von gehörteten Fetten liest, sollte man damit rechnen, dass dort trans-Fettsäuren enthalten sind.
Wenn ein Produkte „gehärtete Fette“ enthält, sollte man hellhörig werden
Über die Menge der trans-Fettsäuren wird der Verbraucher dabei jedoch leider nicht aufgeklärt. Bei unverpackten Lebensmitteln wie Croissants oder Berliner vom Bäcker wird es noch schwieriger sich zu informieren. Einen Hinweis findet man nicht und vermutlich wird die Verkäuferin auch keine Auskunft geben können.
Der Gesetzgeber hat keine Grenzwerte für den Transfettgehalt in Deutschland festgesetzt
EU-weite Grenzwerte gibt es bislang nicht. Es gibt jedoch Länder, die ihre eigenen Höchstgrenzen aufgestellt haben, wie zum Beispiel Dänemark. Dänemark schreibt vor, dass trans-Fettsäuren höchstens einen Anteil von 2% ausmachen dürfen4. Natürlich vorkommende trans-Fettsäuren in Produkten von Wiederkäuern sind von dieser Regel ausgenommen. In USA gibt es seit 2006 eine Kennzeichnungspflicht8. Warum es in Deutschland bisher keine Deklarationspflicht oder ähnliches gibt, weiß ich ehrlich gesagt nicht.
Fazit
Leider sind aufgedruckte Aussagen wie „weniger Fett“ keine Hilfestellung, wenn es um die Wahl der Lebensmittel geht. Für mich persönlich sind sie eher ein rotes Warnschild, dass ich gerade dieses Produkt NICHT kaufen sollte. In den allermeisten Fällen sind Zustatzstoffe hinzugefügt, die ich nicht in größeren Mengen in meinem Körper haben möchte.
Ich bin auch davon überzeugt, dass man von dem „Light-Produkt“ mehr essen wird, einfach weil Fett auch gerne zur Sättigung beiträgt.
Also lieber die Vollfett-Variante nehmen und dann vielleicht etwas weniger von dem fettigen Produkt, dafür mehr Gemüse – dann wird man schneller satt und tut seinem Körper etwas Gutes:)
Es gibt natürlich auch Light-Produkte bei denen es um den Zuckergehalt geht. Auch diese kann ich nicht guten Gewissens empfehlen, da es dasselbe Spiel nur in grün (also mit Zucker) ist.
Ab und zu ist es sicherlich nicht verwerflich zu so einem Produkt zu greifen. Aber tue es nicht in dem Glauben dir und deinem Körper etwas Gutes zu tun. Siehe es als Ausnahme.
Wie handhabst du es? Kaufst du Light-Produkte? Wenn ja, aus welchen Beweggründen?
Quellen
1 Fettarm, fettreduziert, light – Was bringt die neue Health Claims-Verordnung? (Deutsche Gesellschaft für Ernährung vom 29.06.2007)
2De Souza, R. J., Mente, A., Maroleanu, A., Cozma, A. I., Ha, V., Kishibe, T., … & Anand, S. S. (2015). Intake of saturated and trans unsaturated fatty acids and risk of all cause mortality, cardiovascular disease, and type 2 diabetes: systematic review and meta-analysis of observational studies. Bmj, 351, h3978.
3Chowdhury, R., Warnakula, S., Kunutsor, S., Crowe, F., Ward, H. A., Johnson, L., … & Khaw, K. T. (2014). Association of dietary, circulating, and supplement fatty acids with coronary risk: a systematic review and meta-analysis. Annals of internal medicine, 160(6), 398-406.
4Bendsen, N. T., Christensen, R., Bartels, E. M., & Astrup, A. (2011). Consumption of industrial and ruminant trans fatty acids and risk of coronary heart disease: a systematic review and meta-analysis of cohort studies. European journal of clinical nutrition, 65(7), 773.
5Gayet-Boyer, C., Tenenhaus-Aziza, F., Prunet, C., Marmonier, C., Malpuech-Brugere, C., Lamarche, B., & Chardigny, J. M. (2014). Is there a linear relationship between the dose of ruminant trans-fatty acids and cardiovascular risk markers in healthy subjects: results from a systematic review and meta-regression of randomised clinical trials. British Journal of Nutrition, 112(12), 1914-1922.
6Iss was, Deutschland – TK-Studie zur Ernährung 2017
7Westcombe, A., & Wardle, J. (1997). Influence of relative fat content information on responses to three foods. Appetite, 28(1), 49-62.
8Mozaffarian, D., Katan, M. B., Ascherio, A., Stampfer, M. J., & Willett, W. C. (2006). Trans fatty acids and cardiovascular disease. New England Journal of Medicine, 354(15), 1601-1613.