Mit hohen Temperaturen zeigt der Sommer was er drauf hat. Während der heißen Tage kommt unweigerlich die Frage auf: was esse ich heute? Die Lust am Herd zu stehen hält sich wirklich in Grenzen – bloß nicht noch mehr Wärme in der Wohnung. Wie machen das Menschen, die solche Temperaturen monatelang aushalten müssen?!
Beim Blick über den Tellerrand in Länder die regelmäßig warmes Klima haben fällt auf, dass die Bewohner ihr Essen sehr gerne würzen und meistens auch sehr scharf! Warum ist das so?
In warmen Ländern wird gerne und viel gewürzt
Egal ob Südafrika, Mittelamerika oder Südostasien, gut gewürztes Essen ist eigentlich überall dort zu finden, wo es im Sommer richtig warm werden kann. Wer gerne reist, kann dies sicherlich bestätigen.
Doch warum wird überhaupt gewürzt? Die Antwort liegt doch auf der Hand: weil es besser schmeckt! Oder etwa nicht?!
Ja, Gewürze machen ein Gericht schmackhafter, doch warum empfinden wir das so? Warum können wir uns für ein Stück Fleisch oder Gemüse mehr begeistern, wenn ihm sekundäre Pflanzenstoffe beigefügt wurden?
Dieser Frage wurde an der Cornell Universität nachgegangen. Sie schauten sich traditionelle Rezepte aus 36 verschiedenen Ländern an2.
Gewürze schützen die Nahrung vor Verderb
Es ist allgemein bekannt, dass viele Gewürze antibakterielle und antioxidative Wirkung haben1. Aus diesem Grund werden sie schon lange zur Haltbarmachung von Nahrungsmitteln eingesetzt – und zwar weltweit. Allerdings gibt es regionale Unterschiede, wie stark gewürzt wird.
In wärmeren Ländern werden deutlich mehr Gewürzmengen und auch verschiedene Gewürzarten eingesetzt, während in kühleren Teilen der Welt z.B. Finnland, Norwegen aber auch in Deutschland etwas gemäßigter damit umgegangen wird.
So sind zum Beispiel das indische und thailändische Essen, was man hier in Deutschland bekommt deutlich milder gewürzt als es in ihren Ursprungsländern üblich ist. Die Deutschen haben ein anderes Empfinden für Schärfe und die Restaurantbetreiber haben sich dem angepasst.
Die Forscher der Cornell Universität kamen zu dem Ergebnis, dass in warmen Ländern scharf gewürzt wird, da es vor schädlichen Bakterien und Pilzen schützt. Ohne Kühlschrank ein echter Vorteil. Wer gerne und richtig würzte, wurde seltener krank und hatte somit bessere Chancen zu überleben. Dieses Würzverhalten wurde ebenfalls an die Nachkommen weitergegeben.
Knoblauch, Zwiebeln, Piment und Oregano sind am wirkungsvollsten im Kampf gegen Bakterien (sie töten quasi alles), gefolgt von Thymian, Zimt, Estragon und Cumin, die immerhin noch bis zu 80% der Bakterien abtöten. Aber auch alle anderen Gewürze wirken zu einem gewissen Grad antibakteriell.
Knoblauch, Zwiebeln, Piment und Oregano sind die effektivsten Bakterienkiller
Manche Gewürze arbeiten auch synergistisch. Das bedeutet, dass sie in Kombination mit anderen eine stärkere Wirkung entfalten als alleine. Dieser Umstand ist interessant, da in vielen Rezepten auch von Gewürzmischungen gesprochen wird, die schon einen eigenen Namen bekommen haben, da sie so häufig in dieser Kombination verwendet werden.
So ist beispielsweise Chilipulver normalerweise eine Mischung aus Cayennepfeffer, Zwiebel, Paprika, Knoblauch, Cumin (Kreuzkümmel) und Oregano2. Oder das Fünf-Gewürze-Pulver besteht aus Pfeffer, Zimt, Anis, Fenchel und Nelken2.
Hypothese: scharf würzen um ins Schwitzen zu kommen
Es gibt eine weit verbreitete Hypothese, die besagt, dass in warmen Ländern scharf gewürzt wird, damit man ins Schwitzen kommt. Scharfe Gewürze fördern die Durchblutung und somit auch das Schwitzen. Verdunstet der Schweiß auf der Haut, wird dem Körper Wärme durch die Verdunstungskälte entzogen. Durch dieses effektive Kühlungssystem der Schweißdrüsen sorgt der Körper für eine gleichbleibende Körpertemperatur.
Ob dies nun auch der Grund für das scharfe Würzen in warmen Ländern ist, fragten sich die Forscher an der Cornell Universität ebenfalls. Nach ihren Untersuchungen schlossen sie diese Begründung jedoch aus. Sie argumentierten, dass nicht jedes Gewürz scharf sei und zum Schwitzen anrege2. Außerdem gäbe es weitaus bessere Methoden an heißen Tagen um für Abkühlung zu sorgen.
Fazit
In unserer westlichen Welt wird die Nahrung in erster Linie durch Kühlung haltbar gemacht, so dass Gewürze vorwiegend „nur“ Geschmackskomponenten sind. Allerdings gibt es noch genügend (sehr warme) Regionen in denen nur wenige Menschen einen Kühlschrank besitzen. Da ist das Wissen über die „bakteriellenkillenden“ Gewürze quasi überlebenswichtig.
Aber auch wir profitieren von der antibakteriellen und antioxidativen Wirkung der Gewürze (vielleicht unbewusst, aber wir tun es), wenn wir uns trauen mit ihnen zu experimentieren. Außerdem kann man mit ihnen wunderbare Geschmackskomponenten der Lebensmittel unterstreichen / ergänzen und somit eine wahre Geschmacksexplosion für den Gaumen kreieren.
Viel Spaß beim Erkunden der Gewürzvielfalt! :)
Quellen
1K. Srinivasan (2014) Antioxidant Potential of Spices and Their Active Constituents, Critical Reviews in Food Science and Nutrition, 54:3, 352-372, doi:10.1080/10408398.2011.585525
2Billing, J., & Sherman, P. W. (1998). Antimicrobial functions of spices: why some like it hot. The Quarterly review of biology, 73(1), 3-49.