Ehrlich gesagt brachte mich mein kleiner Neffe (6 Jahre) auf dieses Thema. Nein, keine Sorge, er ist weder übergewichtig, noch leidet er unter Essstörungen. Aber eine Bemerkung von ihm machte mich hellhörig.
Wir hatten am Wochenende ein Familienfest und er empfand die gemeinsamen Mahlzeiten als seinen persönlichen Höhepunkt. Interessanterweise nannte er auf genauere Nachfrage nicht den Abend, als wir im Restaurant gemeinsam gegessen hatten, sondern als alle gemeinsam an zusammengeschobenen Tischen im Appartement saßen.
Es gab nichts Besonderes zu essen; einen großen Salat mit ein paar Beilagen und es war vielleicht auch etwas eng am Tisch, aber das war meinem Neffen egal. Für ihn war das toll!
Das machte mich nachdenklich. Man braucht gar nicht immer etwas Ausgefallenes und es muss auch nicht immer ein Sterne-Essen sein. Kinder freuen sich, wenn man Zeit für sie hat und sich mit ihnen beschäftigt. Wenn man sie für voll nimmt und sie mit einbezieht. Auch beim Kochen können sie wunderbare Helfer sein! Das wird in unserer materialistischen Welt gerne mal vergessen. Anstelle dem Kind das nächste Spielzeug zu kaufen, könnte man ihm ein gemeinsam zubereitetes (Abend-) essen schenken, das anschließende Verzehren natürlich inklusive. :)
Tatsächlich gibt es sogar eine Meta-Studie1 (eine Studie, die viele Studien zusammenfasst und vergleicht), die zu dem Ergebnis kam, dass gemeinsame Mahlzeiten sich positiv auf die Gesundheit der Kinder auswirken. Kinder aus Familien, die mehr als 5 Mahlzeiten in der Woche gemeinsam einnahmen, hatten eine um ca. 25% geringere Chance an ernährungsbedingten Gesundheitsproblemen zu leiden1. So war die statistische Rechnung. Ich persönlich finde solche Aussagen immer schwer nachzuvollziehen, vor allem wenn ich versuche zu verstehen wie sie das gerechnet haben. Aber wenn man die Prozentzahl einfach ignoriert, ist das doch ein wirklich tolles Ergebnis, oder?!
Gemeinsame Mahlzeiten schützen vor Übergewicht, ungesunden Essgewohnheiten und Essstörungen1.
Wäre es nicht toll, wenn man einigen ernährungsbedingten Gesundheitsproblemen mit so einem einfachen Mittel wie „quality time“ mit der Familie entgegenwirken könnte?
Was man alles bei einem gemeinsamen Essen, egal ob morgens, mittags oder abends, lernen kann, wird total unterschätzt. Die Kommunikation innerhalb der Familie wird geübt und wo kann man besser philosophieren, diskutieren und lernen über seine Gefühle zu reden als in der Familie? Bezieht man die Heranwachsenden in die Konversation mit ein, so lernen sie zuzuhören, ihre eigene Meinung zu bilden und diese auch verständlich kundzutun. Kinder werden somit schon in frühen Jahren ein ebenbürtiges Mitglied in der Familie. Das stärkt nicht nur den Zusammenhalt, sondern auch den Wunsch sich für die Familie einzusetzen.
Gemeinsame Mahlzeiten fördern die Kommunikation und stärken den Zusammenhalt in der Familie
Wenn ich mir die Mahlzeiten in unserer Familie ins Gedächtnis rufe, erinnere ich mich daran, dass immer viel geredet und erzählt wurde. Bei 3 Kindern hatte jedes Kind immer etwas von seinem Tag zu berichten. Dabei kam alles auf den Tisch, es wurde sowohl über positive als auch über negative Erlebnisse berichtet.
Zu welchem anderen Zeitpunkt kommt die komplette Familie so zusammen? Ein schöner Nebeneffekt war, dass wir Kinder uns auch untereinander geholfen haben, da wir ja wussten was beim anderen im Leben gerade so vor sich geht.
Auch bzw. gerade in Jugendjahren ist Kommunikation wichtig
Während der Jugendjahre ist es manchmal schwierig die ganze Familie an einen Tisch zu bekommen, da jeder einen anderen Zeitplan hat, aber man sollte es versuchen. Vielleicht klappt es ja zumindest beim Frühstück?! Immerhin sind es gerade die Teenagerjahre in denen sich der Körper sehr verändert. Da werden gerne mal Diäten ausprobiert, Mahlzeiten ausgelassen oder andere Methoden angewandt, da man mit sich und seinem Körper noch nicht ganz im Reinen ist. Kommunikation ist zu dieser Zeit besonders wichtig. So kann Essstörungen und anderen ungesunden Essgewohnheiten frühzeitig vorgebeugt werden.
Essen wir in Gesellschaft mehr?
Auch Kühe grasen ungerne allein:)
Im Beisein anderer fallen die Essensportionen größer aus als bei allein eingenommen Mahlzeiten – das wurde nun wirklich schon mehr als einmal wissenschaftlich belegt2;3.
Auch wenn meine Tante immer sagt: „Allein essen macht dick, aber Teilen macht hungrig“. ;)
Natürlich könnte man jetzt meinen, dass das gemeinsame Essen in der Familie einen ähnlichen Effekt haben müsste. Umso mehr erstaunt es, dass die Meta-Studie1 zu dem Ergebnis kam, dass gemeinsame Mahlzeiten mit der Familie jedoch vor Übergewicht schützen.
Ein Grund für das positive Ergebnis könnte die Wahl der Nahrungsmittel sein. In der Meta-Studie wurde festgestellt, dass Jugendliche sich tatsächlich gesünder ernährten, wenn sie häufiger im Familienkreis die Mahlzeiten (mehr als 5x die Woche) einnahmen. Das könnte daran liegen, dass beim gemeinsamem Familienessen tendenziell gesündere Sachen verzehrt werden. Wer von klein auf regelmäßig gesunde Mahlzeiten vorgesetzt und dies auch von den Eltern vorgelebt bekommen hat, wird das auch mit großer Wahrscheinlichkeit später fortführen4.
Rituale werden schon in frühen Jahren gelernt
Wer jedoch gelernt hat zwischen Tür und Angel einen Burger oder eine Pizza in sich hinein zu schaufeln, der wird das später sicherlich genauso machen.
Kinder beobachten gerade in jüngeren Jahren sehr genau und dort wird der Grundstein für vieles gelegt.
Auch Rituale beginnen bereits hier schon. Wird der Tisch gemeinsam gedeckt oder abgedeckt? Wird das Abendessen als wichtige Mahlzeit gesehen, bei der man zu Hause sein sollte? Hat jeder seinen festen Platz am Tisch? Um wie viel Uhr wird das Essen eingenommen? Wie geht man mit Messer und Gabel um? Das sind alles Faktoren, die wichtige Bestandteile eines intakten Familienlebens werden können und eventuell auch an nachfolgende Generationen weitergegeben werden4.
Das bedeutet jedoch nicht, dass man Angewohnheiten nicht neu erlernen kann. Es wird nur schwerer etwas zu ändern je älter man wird.
Fazit
Mit dem heutigen Beitrag möchte ich die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die Inhaltsstoffe der Nahrungsmittel natürlich wichtig sind und auch einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit leisten. Bei all den Zahlen sollte man allerdings nicht den Sinn für das Genießen verlieren.
Genießen und sich Zeit für das Essen und seine Familie zu nehmen ist mindestens genauso wichtig, wie die Karotte auf dem Teller.
Essen sollte Spaß machen! Wer sich häufiger dabei ertappt im Hinterkopf mit Zahlen zu jonglieren, sollte ab und zu mal inne halten, die Zahlen beiseiteschieben und einfach nur genießen. Vielleicht purzelt das ein oder andere Kilo ja ganz von allein, wenn wir nicht krampfhaft versuchen uns an den Zahlen festzuhalten. Unser Körper ist schließlich keine Maschine.
Auch heute noch versuche ich mit meinem Verlobten so häufig wie möglich die Mahlzeiten gemeinsam einzunehmen – es macht einfach mehr Spaß! :)
Ich wünsche euch eine wundervolle Woche mit vielen gemeinsamen Mahlzeiten und anregenden Gesprächen mit euren Liebsten!
Quellen
1Hammons, A. J., & Fiese, B. H. (2011). Is frequency of shared family meals related to the nutritional health of children and adolescents? Pediatrics, peds-2010.
2Klesges, R. C., Bartsch, D., Norwood, J. D., Kautzrnan, D., & Haugrud, S. (1984). The effects of selected social and environmental variables on the eating behavior of adults in the natural environment. International Journal of Eating Disorders, 3(4), 35-41. DOI: 10.1002/1098-108X(198422)3:4<35::AID-EAT2260030405>3.0.CO;2-7
3Lumeng, J. C., & Hillman, K. H. (2007). Eating in larger groups increases food consumption. Archives of Disease in Childhood, 92(5), 384-387. doi: 10.1136/adc.2006.103259
4Friend, S., Fulkerson, J. A., Neumark-Sztainer, D., Garwick, A., Flattum, C. F., & Draxten, M. (2015). Comparing childhood meal frequency to current meal frequency, routines, and expectations among parents. Journal of Family Psychology, 29(1), 136.
Hey Leute, Ein sehr interessanter Blogbeitrag, ich habe mich auch vor kurzem mit dem Thema „Over-Eating“ auseinandergesetzt. Heutzutage isst die Gesellschaft einfach viel zu viel, weil Lebensmittel in riesen Mengen für uns vefügbar sind. So mehr wir essen desto größer wird unser Magen und dann brauchen wir mehr und mehr Essen so das wir uns befriedigt fühlen. Die Höhlenmenschen mussten ja auch jede Mahlzeit Suchen und Jagen, sie hatten noch keinen Supermarkt auf der anderen Straßen Seite die ihn alles anbietet was das Herz (oder den Magen) begehrt. Der menschliche Körper braucht auch definitiv kein Gram Eiweiß pro Kilo, das… Weiterlesen »
Lieber Marcus,
vielen Dank für deinen Kommentar!
Du hast absolut recht! Der Luxus des Supermarktes um die Ecke kann gleichzeitig auch ein Fluch sein. Wir müssen lernen damit maßvoll umzugehen.
Viele Grüße,
Denise