Was wären wir nur ohne unsere Verdauung bzw. Verdauungsorgane? Dabei erfüllt jedes Organ eine genau festgelegte Aufgabe. Ohne könnten wir keine Energie produzieren. Was gehört zu unseren Verdauungsorganen und was passiert mit der Nahrung nachdem wir gründlich gekaut haben? Hier ist nur ein grober Überblick über das Ganze – in Wirklichkeit ist es sehr viel ausgeklügelter.
Nahrung muss „umgelabelt“ werden
Alles, aber auch wirklich ALLES, was wir essen, trinken oder als Pillen in den Mund stecken ist für unseren Körper ein Fremdkörper. Das ist unabhängig davon, ob es der super gesunde Bio-Salat mit roter Bete oder ob es die Currywurst mit Pommes von der Imbissbude ist. Alles hat erst den Stempel „körperfremd“ und muss in „körpereigen“ umgewandelt werden.
Wie macht der Körper das?

Ein Puzzleteil des Ganzen: das Umlabeln von „körperfremd“ zu „körpereigen“.
Stellt euch vor ihr bekommt ein denkmalgeschütztes Haus. Dieses ist im Großen und Ganzen noch in Ordnung, allerdings wird es den heutigen Sicherheitsbestimmungen nicht gerecht. Um diese umzusetzen müsst ihr das Haus zerlegen, dürft aber beim Zusammenbau nur die alten Bausubstanzen verwenden.
So ähnlich macht das der Körper. Er zerlegt die komplette Nahrung in ganz kleine Stücke (Moleküle) und diese bekommen dann ihren Stempel „vom Körper geprüft und anerkannt“. Erst danach dürfen diese kleinen Moleküle den Verdauungstrakt verlassen, also die Schranke passieren und in den Rest des Körpers gleiten. Sie bekommen auch noch einen weiteren „Passierschein“ auf dem steht, wo sie genau hin sollen, wie z.B. zum Gehirn oder ähnliches.
Verdauungsorgane
An dem Prozess der Zerkleinerung der Nahrung sind verschiedene Verdauungsorgane beteiligt. Genau genommen ist der Verdauungstrakt jedoch ein einziger langer Schlauch, also ein unheimlich langes Organ, welches unterschiedliche Milieus aufweist. Vom Mund bis zum Enddarm schlängelt sich ein langes, vielfach gewundenes Rohr. Dieses Rohr ist höchst dehnbar und mit Muskeln durchsetzt, wodurch es möglich ist verschiedene Milieus in diesem einzigen Rohr herzustellen. Ähnlich wie in einem Gebäude mit vielen verschiedenen Zimmern. In jedem Zimmer findet man komplett andere Bedingungen.
Deshalb wird von verschiedenen Verdauungsorganen gesprochen, obwohl es eigentlich nur ein langes Rohr ist.
Fangen wir oben an:
die Verdauung beginnt im Mund. Zähne zerkleinern die Nahrung mechanisch.
Gleichzeitig beginnt hier schon die Verdauung der Kohlenhydrate durch die im Mundspeichel enthaltenen Enzyme. Man kann sich das vorstellen wie kleine Scheren, die bestimmte Verbindungen kappen. Der Mundspeichel bewirkt ebenfalls, dass die Nahrung eine breiartige Konsistenz erhält. Mit Hilfe der Zunge wird der Brei im Mund hin und her geschoben um den Enzymen die Chance zu geben überall zu wirken.
Im Mund beginnt die Kohlenhydratverdauung.
Mit der Zunge und dem ausgelösten Schluckreflex wird der Nahrungsbrei schließlich die Speiseröhre hinunter geschoben und erreicht den Magen. Hier herrscht ein saures Milieu, welches einerseits als Schutz vor Bakterien dient, aber auch optimale Arbeitsbedingungen für die hier wirkenden Enzyme liefert. Die zuvor im Mund hinzugefügten Enzyme werden dabei gestoppt und die Eiweißverdauung (Proteinverdauung) beginnt.
Die Muskulatur des Magens bewegt ähnlich wie die Zunge den Speisebrei hin und her, damit die Enzyme überall mit ihren „Scheren“ wirken können.
Man kann sich das wie beim Kakao anmischen vorstellen. Wird das Kakaopulver einfach in die Flüssigkeit gegeben ohne mit einem Löffel umgerührt zu werden, löst es sich nicht auf. Erst wenn mit dem Löffel gerührt wird, entsteht der so wohlschmeckende Kakao.
So ähnlich ist das mit dem Speisebrei und den Enzymen.
Je nach Zusammensetzung der Nahrung bleibt der Speisebrei länger oder kürzer im Magen.
Im Magen werden Eiweiße verdaut.
Die Magenmuskulatur gibt den Nahrungsbrei mit teilweise gespaltenen Proteinen und teilweise gespaltenen Kohlenhydraten in kleinen Portionen an den Dünndarm ab. Mit ca. 5 m bis 6 m Länge dient der Dünndarm einerseits der weiteren Verdauung, aber auch der Resorption bzw. Aufnahme von zerkleinerter Nahrung.

Ein weiteres Puzzleteil: Enzyme wirken wie Scheren und zerkleinern die Nahrung für uns.
Der erste Abschnitt wird Zwölffingerdarm (Duodenum) genannt. Hier herrscht ein basisches Milieu und es werden wieder neue Enzyme dem Nahrungsbrei beigemischt. Diese Enzyme entstammen diesmal der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase.
Die Reihenfolge der biochemischen Arbeit ist streng vorgegeben:
- Kohlenhydrate aufspalten
- Proteine aufspalten
- Fette aufspalten
Je nachdem wie fettreich der Nahrungsbrei ist, tritt die Gallenblase stärker oder schwächer in Aktion. Die Gallenblase erhält ihre Flüssigkeit von der Leber. Die Verdauung der Fette dauert immer am längsten, was man auch deutlich merkt.
Fettreiches Essen liegt deutlich länger schwer im Magen, als wenn man sich beispielsweise „nur“ an Kohlenhydraten satt gegessen hat, wie Reis oder Nudeln.
Deshalb sollten Sportler vor Wettkämpfen immer fettarm und kohlenhydratreich essen.
Der Dünndarm dient hauptsächlich der weiteren Verdauung und der Resorption
Die Bauchspeicheldrüse hilft bei der Herstellung des basischen Milieus. Schließlich ist der Nahrungsbrei, der gerade aus dem Magen kommt noch sehr sauer. Die Enzyme im Bauchspeichel setzen die in Mund und Magen angefangene Verdauung der Eiweiße und Kohlenhydrate fort. Es sind jedoch andere Enzyme, als die die vorher zum Nahrungsbrei hinzugegeben wurden. Die Magenenzyme arbeiten nämlich nur im sauren und nicht mehr im basischen Milieu, wie es im Dünndarm herrscht.
Vom Dünndarm aus werden die super kleinen Nahrungsbestandteile in den Rest des Körpers verteilt. Entweder über die Blutbahn (bei Kohlenhydraten und Proteinen) oder über das Lymphsystem (bei Fetten) erreichen die Nahrungsbestandteile die Stellen im Körper, die diese Bausteine gerade benötigen.
Was nach der Dünndarmverdauung noch nicht verwertet ist wird an den Dickdarm weiter gegeben. Die Nahrung wird nochmal gründlich durchgesehen, wobei als Entscheidungshelfer und Verdauungshelfer Bakterien dienen. Sie haben teilweise andere Enzyme als der Körper und können manche Bestandteile, die körpereigene Enzyme nicht klein bekommen konnten, nochmal zerkleinern. Sie sind zum Beispiel Experten auf dem Gebiet Vitamin K oder verschiedene B-Vitamine aus der Nahrung heraus zu lösen oder produzieren diese sogar im eigenen Stoffwechsel und machen sie so für uns verfügbar. Ohne Bakterien könnten wir keine Ballaststoffe verdauen.
Im Dickdarm werden überschüssiges Wasser und Mineralstoffe dem Nahrungsbrei entzogen.
Aus dem Dickdarm werden somit auch noch wichtige Nährstoffe an den Rest des Körpers gesendet. Weiterhin werden überschüssiges Wasser und Mineralstoffe entzogen. Der übriggebliebene Abfall wird in Stuhl umgewandelt und im Enddarm gelagert bis er hinaus geschaufelt werden kann.
Das Mikrobiom
Bakterien sind zwar auch in geringen Mengen schon im Dünndarm vorhanden, aber der Dickdarm ist ihr „Lieblingsort“. Dort leben sie alle eng aneinander gekuschelt in verschiedenen Ecken. Man nennt die Gesamtheit der Bakterien „Darmmikrobiota“ oder „Mikrobiom“.
Diese Hilfe von den Bakterien erhält der Körper aber nicht ganz ohne Gegenleistung. Das Zusammenleben klappt in gegenseitigem Einverständnis, als Symbiose. Sie helfen uns bestimmte Nahrungsbestandteile zu isolieren, welche ohne sie dem Körper nicht zugänglich wären. Dafür versorgt der Körper die Bakterien wiederum regelmäßig mit Nahrung, also Energie.
Zum Beispiel ist immer die Rede davon: Menschen könnten keine Ballaststoffe verdauen. Das stimmt halb. Die körpereigenen Enzyme können es nicht, aber wenn der Nahrungsbrei im Dickdarm landet, schnappen sich die Bakterien die Ballaststoffe und produzieren daraus einerseits für sich selber, aber auch für den Körper Energie.
Der größte Feind der Darmmikrobiota ist somit ballaststoffarmes Essen. Ballaststoffarme Nahrung bedeutet für die Bakterien keine Nahrung, da im Dünndarm schon fast alles aufgespalten und an den Rest des Körpers versendet wurde. Mehr zum Mikrobiom findet ihr hier.
Fazit
Die Verdauung ist ein genau festgelegter Vorgang. Angefangen vom „umlabeln“ der Nahrung in „körpereigen“, über die Zerkleinerung und schließlich zum Ausscheiden des Abfalls. Kein Puzzleteil darf fehlen.
Auch wenn die Nahrungsaufnahme manchmal unheimlich schnell geht, muss der Körper trotzdem minutiös arbeiten und viel Energie dafür aufwenden.
Also liebe Mütter (oder Väter), nicht verzweifeln, wenn ihr 3 Stunden in der Küche steht um eine Mahlzeit vorzubereiten und das Essen aber in 10 Minuten schon verschlungen ist ;) Der Körper wird sich Zeit lassen mit der Verarbeitung und Wahrnehmung ;) Er freut sich besonders über viele Ballaststoffe und Nahrungsmittel mit vielen Mineralien und Vitaminen.